Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gewinne dank grüner Inflation
Die Erhöhung der CO 2-Steuer begünstigt Aktien von Konzernen, die Energie sparen.
Inflation und Steuern – zwei Begriffe erhöhen zuverlässig den deutschen Blutdruck; treten sie in Kombination auf, kann es heikel werden. Auch für Anleger. Genau das droht beim unverzichtbaren Umbau der Wirtschaft zu Klimaverträglichkeit.
Schon in weniger als 30 Jahren sollen in Europa die Kohlendioxid-Emissionen netto auf null reduziert sein. Um also die Energieverbraucher zu sauberem Verhalten zu bewegen, erhebt man am besten eine Abgabe auf den Schadstoff-Ausstoß. Genau das passiert seit Jahresbeginn etwa beim Tanken, so hat Umweltverschmutzung ihren Preis. Es liegt auf der Hand, dass eine solche Belastung niedrige Einkommen verhältnismäßig stärker trifft. Um diesen Effekt auszugleichen, sind verschiedene Maßnahmen in der Diskussion: Energiegeld, höhere Pendlerpauschale oder die Abwälzung der Abgabe bei der Raumheizung auf den Vermieter. Setzt eine Regierung die Ausgleichsbeträge hoch genug an, mag der Durchschnittshaushalt tatsächlich so viel bekommen, wie er zahlt. Alles gut also? Keineswegs. Jüngste Berechnungen ergeben, dass die aktuelle CO2-Abgabe von 25 Euro je Tonne langfristig auf das Zehnfache steigen muss, um eine ausreichende Lenkungswirkung zu erzielen. Über lange Zeit hinweg wird also der Betrag um zehn bis 15 Euro pro Jahr steigen müssen – über Kraftstoffe, Raumheizung und indirekt über Produktpreise führt das zu einem dauerhaften Preisanstieg. Das wiederum wird die Notenbank nicht kalt lassen. Um zu verhindern, dass die Geldentwertung außer Kontrolle gerät, wird sie mit höheren Zinsen gegensteuern. Das ist für Anleger ein starkes Argument zugunsten von Wertpapieren, die von der Energiewende profitieren. Denn höhere Zinsen wirken wertmindernd auf fast alle Anlagen. Umso wichtiger ist es, dass die dahinter stehenden Unternehmen von der steigenden Nachfrage profitieren – nach grünem Strom, Elektromobilität oder einfach nach Einsparung. Die Aktien solcher Unternehmen kontern den Zinseffekt mit höheren Gewinnen.
Unser Autor leitet die Vermögensabteilung von HSBC Deutschland in Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit den beiden Wirtschaftsprofessoren Ulrike Neyer und Justus Haucap ab.