Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Schüler boykottieren Woelki
Der Kardinal besuchte im Rahmen der 100-Jahr-Feier das Aloisiuskolleg in Bonn.
BONN Eigentlich wollte das Aloisiuskolleg (Ako) in der vergangenen Woche in Ruhe sein 100-jähriges Bestehen mit einem kleinen Veranstaltungsprogramm feiern, ein Punkt hat allerdings für Furore gesorgt: Am Donnerstag (2. September) besuchte der umstrittene Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki die Jesuitenschule und feierte auf dem Schulhof gemeinsam mit der Schülerschaft eine Heilige Messe. Aus Protest blieben mehrere Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II (Q2) dem Pontifikalamt jedoch fern. Auch in der Elternschaft herrscht teilweise Unverständnis darüber, dass die Schule Woelki eingeladen hatte. Ein Vater erklärte unserer Redaktion, dass er es „wirklich nicht“verstehen könne, „warum die Schule sich mit ihrer Geschichte dazu entschieden hat gerade Herrn Woelki einzuladen“. Auch an dem Kolleg in Bonn hatte es in der Vergangenheit Missbrauchsfälle gegeben. Woelki steht indes schon lange in der Kritik unter anderem wegen seines Umgangs mit dem Missbrauchskandal in der katholischen Kirche.
Das Ako schien von dem Protest überrascht zu sein, weshalb es am Mittwochnachmittag in der Oberkirche des Gymnasiums eine Diskussionsrunde zu dem Protest geben sollte. Dort sollten die Schüler nach Informationen unserer Redaktion zu ihrem Protest Stellung beziehen. Pater Martin Löwenstein, Rektor des Aloisiuskollegs, erklärte auf Nachfrage, dass Kardinal Woelki bereits im vergangenen Jahr zu der Veranstaltung eingeladen worden sei. An dieser Einladung wollte er auch nicht rütteln. „Der Kardinal hat in entscheidenden Punkten selbst öffentlich über Fehler und Versäumnisse gesprochen und ich sehe mich keineswegs in der Position von jemandem, der ihn wieder auslädt, weil er alles besser macht als andere“, so Löwenstein.
Die Predigt des Kardinals habe verschiedene Schwerpunkte gehabt. „Da wir die Woche bewusst inhaltlich gestaltet hatten, hat auch Kardinal Woelki dazu beigetragen und über den Philosophen Blaise Pascal, die Jesuiten und über das Bildungsverständnis unseres Ordensgründers, Ignatius von Loyola, gepredigt“, so Pater Löwenstein. Der Missbrauchsskandal am Ako soll auch angesprochen worden sein. „Er hat von den guten, und wie wir letztes Jahr bei unseren Studientagen mit allen Schülerinnen und Schülern am Ako auch den düsteren Kapiteln unserer Schulgeschichte gesprochen – und uns Mut gemacht, diesen Weg weiterzugehen“, so Rektor Löwenstein.
Er erklärte weiter, dass der Heiligen Messe „etwa“60 Jugendliche fernbleiben wollten. Insgesamt habe die Q2 90 Schülerinnen und Schüler. „Die Erziehung zur eigenständigen Persönlichkeit ist ein Ziel des Ako und mir sind Menschen lieber, die eine eigene Meinung haben und handeln, als solche, die dies nicht tun“, sagte Löwenstein. Dennoch möchte das Ako von den Schülerinnen und Schülern wissen, warum sie sich zu diesem Protest entschieden haben. Eigentlich sollte eine Zusammenkunft schon am Montag stattfinden, die aber abgesagt wurde, weil einige Schüler keine Zeit hatten.
Nun sollte das Gespräch am Mittwochnachmittag in der Oberkirche stattfinden. „Ich gehe davon aus, dass die etwa 60 Schülerinnen und Schüler aus dem Abiturjahrgang aus inhaltlichen Gründen dem Gottesdienst ferngeblieben sind und finde es wie die Schulleitung daher respektvoll und wichtig, mit ihnen über Inhalte zu sprechen, weil uns wirklich interessiert, was die Themen der Jugendlichen sind“, so Löwenstein. Er betont dabei, dass es um „eine inhaltliche, konstruktive Auseinandersetzung mit ernstzunehmenden Anliegen“der Schüler gehe. Konsequenzen soll es für die Schüler keine geben. „Wir wollen die inhaltliche Auseinandersetzung und nicht das Beharren auf Regeln“, erklärt Löwenstein. Der Rektor gehe auch nicht davon aus, dass die Schüler „schwänzen“wollten, sondern ein ernstes Anliegen vertreten. Darüber lohne es sich zu sprechen, deshalb gebe die Schule dafür auch einen „Raum“.