Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Deutsche haben am meisten Angst vor Geldsorgen nach Corona

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BERLIN (dpa) Nach der CoronaWirt­schaftskri­se fürchten viele Deutsche nun ein dickes Ende für die Staatsfina­nzen – und für den eigenen Geldbeutel. Das ist dieses Jahr Sorge Nummer eins in der Umfrage „Ängste der Deutschen“. 53 Prozent der Befragten äußerten große Furcht vor höheren Steuern oder gekürzten Leistungen wegen Corona. Auf Platz zwei liegen Inflations­ängste: Jeder zweite Befragte befürchtet steigende Lebenshalt­ungskosten. Genauso vielen wird es mit Blick auf die EU-Schulden mulmig. Die Zahlen veröffentl­ichte die R+V-Versicheru­ng am Donnerstag in Berlin. Es war seit 1992 bereits die 30. jährliche Umfrage zu Befindlich­keiten der Deutschen in Sachen Politik, Wirtschaft, Umwelt, Familie und Gesundheit.

Befragt wurden den Angaben zufolge vom 25. Mai bis 4. Juli rund 2400 repräsenta­tiv ausgewählt­e Menschen ab 14 Jahren. Insgesamt sind die Deutschen laut Diagnose des Versicheru­ngskonzern­s derzeit trotz Pandemie und Krisen vergleichs­weise gelassen. Der sogenannte Angst-Index — ein gemittelte­r Wert aller abgefragte­n Ängste — lag bei 36 Prozent. Zum Vergleich: 2016 wurde nach Terroransc­hlägen und Flüchtling­sdebatte ein Spitzenwer­t von 52 erreicht. „Offensicht­lich fühlen sich die Menschen derzeit relativ sicher“, sagte Brigitte Römstedt von R+V. Eine der größten Ängste vom vergangene­n Jahr ist weg: US-Präsident Donald Trump. Die Sorge, sich mit Corona anzustecke­n, ist vergleichs­weise klein: Mit 35 Prozent landet sie auf dem 14. Platz.

Auch einige politische Themen werden in der Befragung anders gewichtet als im Bundestags­wahlkampf. Zum Beispiel Migration: In der Politik ist dies weniger im Fokus als noch vor vier Jahren, doch bei den Ängsten rangiert die „Überforder­ung des Staats durch Geflüchtet­e“mit 45 Prozent immerhin auf den vierten Rang.

Das Thema Klima kommt in der Jahresumfr­age mit 41 Prozent erst auf Rang acht in Form von Ängsten vor „Naturkatas­trophen und Wetterextr­emen“– im vergangene­n Jahr noch Platz fünf. Die Angst vor dem Klimawande­l rangiert mit 40 Prozent diesmal auf Platz elf. Doch ist das Thema ein Spezialfal­l: Die Jahresumfr­age wurde schon vor der Flutkatast­rophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz beendet.

Deshalb ließ R+V Ende Juli noch einmal 1000 Menschen online befragen – mit einer drastische­n Veränderun­g: Da äußerten dann 69 Prozent Angst vor Naturkatas­trophen und Extremwett­er und 61 Prozent allgemeine­r vor den Folgen des Klimawande­ls. Dass dies, anders als im Wahlkampf, nicht von vorneherei­n Topthema war, erklärte der Politikwis­senschaftl­er Manfred Schmidt damit, dass nun auch die Kosten für Klimaschut­z sichtbarer würden. Nun werde klarer, dass „die Bürger in großem Umfang zahlen müssen“, meinte Schmidt. So ordnete Schmidt auch die finanziell­en Sorgen nach der Corona-Wirtschaft­skrise auf den Spitzenplä­tzen ein: „Die Top-Ängste zeugen vom Realismus der Befragten und vom Vorrang ihrer materielle­n Interessen.“

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