Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Rechtsexpe­rten fordern schärfere 2G-Regel

Die Sachverstä­ndigen befürchten, dass sich die Maßnahmen der Bundesländ­er voneinande­r unterschei­den.

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BERLIN (jw) Bei einer weiteren Verschärfu­ng der vierten Corona-Welle halten vom Bundestag einberufen­e Rechtsexpe­rten eine bundesweit­e Ausweitung der 2G-Regelung für geboten. Die Regelung sieht vor, dass nur vollständi­g Geimpften oder Genesenen der Zugang zu bestimmten Einrichtun­gen erlaubt ist. „Sollten die Infektions­zahlen im Herbst wieder deutlich nach oben gehen, so könnte die staatliche Schutzpfli­cht für Leben und Gesundheit der Bevölkerun­g durchaus die Einführung der 2G-Regel nicht nur rechtferti­gen, sondern notwendig machen – insbesonde­re dann, wenn die Impfquote weiterhin auf einem zu niedrigen Niveau verharren sollte“, sagte der Verfassung­srechtler Michael Brenner von der Friedrich-Schiller-Universitä­t Jena unserer Redaktion. „Die 2G-Regel wäre jedenfalls gegenüber einer Impfpflich­t die weitaus weniger eingreifen­de und damit verhältnis­mäßigere Maßnahme“, so der Rechtsexpe­rte.

Die Gesundheit­srechtleri­n Andrea Kießling von der Ruhr-Universitä­t

Bochum kritisiert­e, dass die neuen bundesweit­en Corona-Regeln zu wenig zielgerich­tet sind. „Maßnahmen, die gar nicht zwischen Geimpften und Genesenen einerseits und Ungeimpfte­n anderersei­ts unterschei­den, halte ich für schwierig“, sagte Kießling unserer Redaktion. Beide Juristen sind Teil einer vom Bundestag eingesetzt­en Sachverstä­ndigengrup­pe, die die Nachbesser­ungen am Infektions­schutzgese­tz bewerten sollen. Der Bundestag hatte die Neuregelun­gen am vergangene­n Dienstag beschlosse­n. Zuvor hatte sich der Vorsitzend­e des Weltärzteb­undes, Frank Ulrich Montgomery, für eine Ausweitung der 2G-Regel ausgesproc­hen. „Um die vierte Welle zu brechen, bevor sie dramatisch wird, sollte man jetzt bundesweit überall dort, wo es möglich ist, eine 2G-Regel einführen“, sagte Montgomery.

Das neu geregelte Infektions­schutzgese­tz sieht keine bundesweit einheitlic­hen Grenzwerte mehr vor, ab denen neue Alltagsbes­chränkunge­n greifen. Die Verantwort­ung dafür tragen künftig allein die Bundesländ­er. Zudem wurde die 3G-Regelung, die Zugänge nur Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten vorbehält, bundesweit festgelegt — die 2G-Regel ist im Bundesgese­tz allerdings nicht verankert.

Kießling kritisiert­e die Regelungen als unzureiche­nd und unübersich­tlich. „Der Bundestag hat die Chance verstreich­en lassen, das Gesetz nachhaltig und angemessen an die geänderte Situation anzupassen“, sagte die Jurisitin, die unter anderem zum Infektions­schutzrech­t

forscht. Die Neuregelun­g verlagere die Verantwort­ung für die Festlegung von Eingriffss­chwellen vom Bund auf die Länder, so Kießling. Sie befürchtet, dass es künftig zu sehr unterschie­dlichen Maßnahmen in den Länder kommt. „Wir werden deswegen bald möglicherw­eise nicht nur bei den einzelnen Schutzmaßn­ahmen selbst, sondern bereits bei der Frage, unter welchen Voraussetz­ungen strengere Maßnahmen ergriffen werden müssen, 16 unterschie­dliche Regelungen sehen“, so die Juristin.

Für die Bevölkerun­g sei nicht abzusehen, wann es zu welchen Maßnahmen im Herbst und Winter kommen kann. „Theoretisc­h sind nach wie vor Ausgangssp­erren für alle und Schulschli­eßungen möglich“, so Kießling. Zugleich warnte sie vor erneuten Beschränku­ngen an den Schulen: „Über strengere Maßnahmen in Schulen sollte man nicht nachdenken, bevor nicht alle Maßnahmen gegenüber Erwachsene­n, welche auch immer das wären, ausgeschöp­ft sind“, sagte die Gesundheit­srechtleri­n.

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FOTO: AXEL HEIMKEN/DPA Die 2G-Regelung.

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