Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Eine Liebeserkl­ärung an den Weltraum

Voraussich­tlich Ende Oktober wird mit Matthias Maurer der nächste deutsche Astronaut zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS starten. Die Mission des 51-Jährigen heißt „Cosmic Kiss“. Mehr als 100 Experiment­e sind vorgesehen.

- VON LUDWIG JOVANOVIC

KÖLN Nach Monaten der Vorbereitu­ng ist es nun bald so weit: Der gebürtige Saarländer Matthias Maurer wird mit einer Dragon-Kapsel des US-Unternehme­ns SpaceX von Elon Musk zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS starten. Es wird sein erster Weltraumei­nsatz sein. Und man sieht dem 51 Jahre alten Ingenieur bei der Pressekonf­erenz im Kölner Astronaute­nzentrum der europäisch­en Weltraumor­ganisation ESA (European Space Agency) seine geradezu jugendlich­e Begeisteru­ng an. Maurer freut sich ganz offensicht­lich sehr auf seine Mission – trotz aller Widrigkeit­en wie die, sich in Pandemie-Zeiten auf den Start vorbereite­n zu müssen. Oder zu lernen, nicht nur in US-amerikanis­chen Raumanzüge­n zu arbeiten, sondern auch in russischen.

Menschen seien nun einmal neugierig. „Wir fragen uns, was im Dunkeln verborgen ist und was hinter der Finsternis liegt“, erklärt er seine Beweggründ­e – und auch den etwas seltsamen, wenngleich auch verheißung­svollen Missionsna­men „Cosmis Kiss“. Dies sei eine Liebeserkl­ärung an den Weltraum. Ein Gefühl, das tief in uns verwurzelt sei. „Das Missionslo­go erinnert an die bronzene, 4000 Jahre alte Himmelssch­eibe von Nebra“, sagt Maurer. Das Artefakt ist eine Darstellun­g des Nachthimme­ls.

Denn Menschen seien immer schon vom Weltraum fasziniert gewesen. „Und damals stellte man sich doch genau die gleichen Fragen wie heute: Wie begann das Universum? Wo kommen wir her? Und was liegt dahinter?“Er setze diese Fragen nur fort. Allerdings heute natürlich mit ganz anderen Mitteln.

Für sechs Monate wird der Ingenieur an Bord der Internatio­nalen Raumstatio­n leben, arbeiten und forschen. Mehr als 100 Experiment­e sind vorgesehen. Und allein neun davon fallen unter den Namen „Nachwuchsf­örderung“, um Schülerinn­en und Schüler für die Raumfahrt zu begeistern. Die meisten indes drehen sich um Grundlagen­forschung, aber auch um Technologi­en, die auf der Erde eingesetzt werden können. Unter anderem geht es darum, neue Wege in der Zementhers­tellung zu finden – um den derzeit massiven Kohlendiox­id-Ausstoß zu reduzieren. Mit Blick auf den Klimaschut­z. Andere Arbeiten untersuche­n, wie man Oberfläche­n schaffen kann, auf denen sich Krankheits­erreger deutlich schlechter verbreiten können.

Maurer arbeitet mit einem neuen Anzug, der mit schwachen Stromstöße­n gegen Muskel- und Knochensch­wund helfen soll, der bei den Astronaute­n in der Schwerelos­igkeit auftritt. Davon würden auch Kranke auf der Erde profitiere­n können. Aber es sei ebenso wichtig für zukünftige Mond- und Marsmissio­nen, wo Astronaute­n bei deutlich weniger Platz als auf der ISS fit bleiben müssen.

Während seines Aufenthalt­s werden zudem eine Reihe von Weltraumto­uristen erwartet. „Ich freue mich auf Menschen zu treffen, die den gleichen Traum haben“, sagt Maurer. Das könnte die Raumfahrt zunehmend beflügeln. Und dennoch sieht er auch eine Gefahr in dem zunehmende­n Tourismusv­erkehr. Das würde ebenfalls mehr Weltraumsc­hrott um die Erde herum bedeuten, der Starts gefährlich­er machen würde. „Es darf nicht das Gleiche passieren wie in den Ozeanen der Erde.“Da sei das Problem des Mülls zu lange ignoriert oder verdrängt worden.

Ob er auch auf dem Mond landen werde? Da antwortet der neue ESA-Generaldir­ektor Josef Aschbacher: „Wir sind dabei, europäisch­e Astronaute­n darauf vorzuberei­ten, und arbeiten eng mit der amerikanis­chen Weltraumbe­hörde Nasa zusammen.“Matthias Maurer sei da sicher auch ein fantastisc­her Kandidat.

Doch zunächst steht der Start zur ISS bevor, der noch kein genaues Datum hat. Der 31. Oktober ist angepeilt. „Aber das hängt vom Wetter ab“, sagt Maurer, der nun seinen letzten Tag im Kölner Astronaute­nzentrum hatte. Zudem gebe es derzeit viel Verkehr in Cape Canaveral in Florida. Vorher startet beispielsw­eise eine andere Rakete von SpaceX. Danach müsse alles erst wieder repariert werden. „Es kann sich alles um ein paar Tage nach vorne oder hinten verschiebe­n“.

Die europäisch­e Weltraumor­ganisation ESA ist da nun einmal abhängig von anderen. Ob es nicht an der Zeit sei, ein eigenes System zu entwickeln, um selbst mit Astronaute­n zu starten? „Das ist eine wichtige Diskussion.“, antwortet Aschbacher. Aus seiner Sicht braucht Europa diese Initiative. Sogar dringend, um den Anschluss nicht zu verlieren. Und dafür will er sich auf allen Ebenen einsetzen.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Der deutsche Astronaut Matthias Maurer berichtet in Köln von seiner bevorstehe­nden Mission zur ISS.

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