Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Das Exportwachstum verlangsamt sich auf 0,5 Prozent
Die deutschen Ausfuhren schwächeln, bleiben aber im Plus. Verbände wie der BDI warnen wegen Engpässen vor „dunklen Wolken am Konjunkturhimmel“.
BERLIN (dpa/rtr) Der lange Aufwärtstrend der deutschen Exporteure nach dem Corona-Einbruch hat sich im Juli trotz erheblicher Behinderungen durch Materialengpässe zwar fortgesetzt, aber auch deutlich abgekühlt. Die Ausfuhren stiegen um 0,5 Prozent zum Vormonat und damit bereits zum 15. Mal in Folge, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte.
Im Juni hatte es zuvor noch ein kräftigeres Wachstum von 1,3 Prozent gegeben. Mit einem Gesamtwert von 115 Milliarden Euro lag der Export im Juli allerdings noch 12,4 Prozent oberhalb des Wertes aus dem Vorjahresmonat, der sehr stark von der Corona-Krise geprägt war. „Man reibt sich verwundert die Augen: Der fehlende Nachschub an Vorprodukten lastet nicht in dem Maße auf den Exporten wie zu vermuten wäre“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel angesichts des Mangels an Mikrochips und anderen wichtigen Teilen. „Der Ausstoß in der deutschen Industrie ist trotz fehlender Materialien so hoch, dass es zu einem Exportwachstum reicht.“Wegen der Erholung der Weltwirtschaft bleibt der Ausblick freundlich: „Die Auftragsbücher sind gut gefüllt“, sagte der Ökonom Bastian Hepperle vom Bankhaus Lampe. „Wären die
Material- und Lieferengpässe nicht so hartnäckig, könnte mancher Auftrag auch rascher abgearbeitet und ausgeliefert werden.“Die Ausfuhren zum wichtigsten Exportkunden USA wuchsen im Juli um 15,7 Prozent auf 10,8 Milliarden Euro, während die nach China um 4,3 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro sanken.
Ein Warnsignal ist jedoch die Entwicklung der Importe. Diese sanken im Juli überraschend um 3,8 Prozent zum Vormonat. „Der Zufluss von Materialien aus dem Ausland stockt“, sagte Gitzel dazu. „Es ist deshalb wohl nur eine Frage der Zeit bis sich der stellenweise nur tröpfchenweise fließende Nachschub an
Vorprodukten auch in den Exportzahlen niederschlagen wird.“Das dürfte besonders die Autobranche zu spüren bekommen.
„Volle Auftragsbücher allein sind noch keine Garantie für künftige Exporterfolge. Probleme in den globalen Lieferketten, hohe Logistikkosten und ungeklärte Handelsstreitigkeiten sind dunkle Wolken am Konjunkturhimmel“, warnte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Die Handelsbilanz bleibt positiv: So wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres aus Deutschland insgesamt Waren und Dienstleistungen im Wert von 788,1 Milliarden Euro exportiert. Umgekehrt kamen im selben Zeitraum Importe von 679 Milliarden Euro ins Land.
Der Außenhandelsverband BGA blickt angesichts der zahlreichen Unsicherheiten ebenfalls pessimistisch in Zukunft: „Sorgen bereiten uns insbesondere die steigenden Importpreise, die klarer Ausdruck der großen Probleme in den Lieferketten und der Versorgung mit Vorprodukten sind“, sagte BGAPräsident Anton Börner. Dem BDI zufolge bekomme die Firmen im Land dies bereits zu spüren und arbeiten die Unternehmen mit Hochdruck an der Diversifizierung ihrer Lieferketten und alternativen Beschaffungswegen.