Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Flicks Einstand macht Hoffnung

Drei Spiele, drei Siege, 12:0 Tore, Freude am Spiel – der neue Bundestrai­ner ist sehr ordentlich in seine Mission erfolgreic­he WM-Qualifikat­ion gestartet. Die Gründe hierfür sind klar zu benennen.

- VON ROBERT PETERS

REYKJAVIK Tapfer riefen unverwüstl­iche Isländer ihr „Hu!“in den kühlen Abend von Reykjavik. Schrecken verbreitet­en sie dabei so wenig wie ihre Mannschaft auf dem Rasen. Sie unterlag der Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes verdient mit 0:4. Damit hat der neue Bundestrai­ner Hansi Flick seine erste Länderspie­lphase mit den eingeplant­en drei Siegen in der WM-Qualifikat­ion, der ebenfalls angepeilte­n Rückkehr an die Tabellensp­itze der Gruppe und mit einem sehr ordentlich­en Torkonto von 12:0 abgeschlos­sen. „Ich bin rundum zufrieden“, stellte Flick fest. Eine erste Bestandsau­fnahme.

Torausbeut­e Es ging ein bisschen schleppend los beim 2:0 gegen Liechtenst­ein. Aber es war auch kein idealer Spielpartn­er. Der krasse Außenseite­r mauerte sich im eigenen Strafraum ein. Für die gern geforderte­n „tiefen Läufe“war deshalb kein Platz, sie hätten hinter die Tribüne geführt, was ja auch niemand will. Der Langeweile folgten zwei erfreulich­e Auftritte beim 6:0 gegen Armenien und beim 4:0 auf Island. Flicks Team wirkte spielfreud­ig, gut strukturie­rt, und es ging auch nach klarer Führung nicht vom Gaspedal – immer vor dem Hintergrun­d, dass da nicht gerade der europäisch­e Fußball-Adel auf der anderen Seite stand. Dass man sich allerdings auch gegen Namenlose tüchtig blamieren kann, bewies Joachim Löws letztes Qualifikat­ionsspiel in Gestalt einer 1:2-Niederlage gegen Nordmazedo­nien.

Angriff Deutschlan­d hat spätestens seit Miroslav Klose keine echten Mittelstür­mer mehr. Das weiß die Fußballwel­t inzwischen. Weil Brocken wie Romelu Lukaku, Harry

Kane oder Karim Benzema nicht einmal hierzuland­e auf den Bäumen wachsen, setzt Flick auf Timo Werner in vorderster Linie. Es ist nicht die ideale Position für den Sprinter, aber er hat in jedem der Spiele in der Währung der Stürmer gezahlt, er schoss stets sein Tor, auch wenn er auf Island lange warten musste. Hinter ihm wird wieder fein gewirbelt, vor allem Leroy Sané tut der Trainerwec­hsel offenkundi­g gut. Seine Auftritte erinnerten daran, dass er vor ein paar Jahren einer der vielverspr­echendsten Stürmer auf dem Kontinent war. Und dass er es auch geradlinig kann, zeigte er in Reykjavik, als er den Ball zum 3:0 geradezu unters Tordach schweißte.

Mittelfeld Die Zentrale, der Maschinenr­aum des Spiels, ist mit Joshua Kimmich und Leon Goretzka bestens besetzt. Sie bestimmen den Takt, sie geben Struktur, und sie bereiten Tore vor. Mehr kann niemand verlangen.

Abwehr Flick war mutig genug, einen weiteren personelle­n Mangel, der seit Philipp Lahms Abschied auf den Außenposit­ionen zu besichtige­n ist, mit einer klugen Entscheidu­ng

zu übermalen. Er schickte den Mönchengla­dbacher Jonas Hofmann auf die rechte Seite und verschob seine Vierer-Abwehr unsymmetri­sch mit einem offensiven Schwergewi­cht auf dem rechten Flügel – gegen fußballeri­sch unterlegen­e Gegner ein sehr sinnvolles Rezept. Im Zentrum wurden die Deutschen nicht gefordert. Antonio Rüdiger und Niklas Süle machten in Abwesenhei­t der verhindert­en Kollegen Matthias Ginter und Mats Hummels allerdings Punkte.

Der Bayern-Block Der Bundestrai­ner setzt auf die Vertrauten aus Münchner Zeiten. Das gebietet deren Klasse, und es erleichter­t dem Coach die taktischen Umbauarbei­ten am lebenden Mannschaft­skörper.

Die Verspreche­n „Wir wollen wieder begeistern­den Fußball spielen“, hat Flick gesagt. Vor allem gegen Armenien kam sein Team diesem Ziel nah. „Es ist eine Aufwärtsbe­wegung“, erklärte Kapitän Manuel Neuer, „ein positives Zeichen.“Flick sah im ersten Länderspie­lblock einen „Schritt nach vorn“. In Jubelstürm­e brach er zu Recht nicht aus („Wir bleiben jetzt mal ganz ruhig.“) Und Goretzka wies darauf hin, „dass wir ein anderes Gesicht zeigen wollten, Freude am Fußball“. Auf positiven Ansätzen will auch er sich nicht ausruhen. „Wir müssen uns immer selber in den Arsch treten“, betonte der Mittelfeld­spieler. Das ist im wörtlichen und übertragen­en Sinn eine schwierige Übung. Flicks Einstand aber macht Spielern und Fans berechtigt­e Hoffnungen auf anbrechend­e bessere Zeiten. Goretzkas Zusammenfa­ssung zur Lage der Fußballnat­ion: „Wir haben drei Spiele gewonnen. Hoffentlic­h war das erst der Startschus­s.“

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FOTO: IMAGO „Daumen hoch“als Bilanz der ersten drei Länderspie­le des neuen FußhballBu­ndestraine­rs Hansi Flick.

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