Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Frauenfußball will raus aus der Nische
Das DFB-Team soll sichtbarer werden und neue Fans gewinnen. Dafür gewährt es besondere Einblicke.
DÜSSELDORF Der deutsche Frauenfußball will aus seinem Schattendasein heraus. Nationalteam und Bundesliga sollen mehr Menschen begeistern, neue Fans gewinnen. Dass es dafür zum einen erfolgreichen Fußball braucht, zum anderen Investitionen in professionelle Rahmenbedingungen, ist dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) bewusst – und auch, dass der Frauenfußball in Deutschland dafür attraktiver werden muss. Längst haben andere Nationen wie England und Frankreich den DFB dabei überholt.
Deswegen geht der Verband mit der Nationalmannschaft nun neue Wege. Beim Sportbusiness-Event Spobis in Düsseldorf kündigten Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und Martina Hänsel von der Film- und Fernsehgesellschaft Warner Bros. eine Dokumentation über das Frauenteam an. Seit Anfang des Jahres begleitet die Produktionsfirma Trainerteam und Mannschaft. Es sei weltweit die erste Dokumentation über ein Frauenfußball-Nationalteam, sagt Hänsel.
„Wir haben die Türen geöffnet, weil wir glauben, dass wir viele tolle Persönlichkeiten zu bieten haben. Wir wollen zeigen, wer wir sind und was wir machen“, sagt die Bundestrainerin. Man sei eine junge, ambitionierte Mannschaft, die viele Aufgaben zu bewältigen habe, auch den Konkurrenzkampf.
„Wenn man Marvels Avengers oder Wonder Woman nimmt: Da werden die Bösewichte von Frauen besiegt. Das sind die erfolgreichsten Auskoppelungen. Oder die Serie ,Das Damengambit’. Das haben die Leute nicht vorrangig geschaut, weil sie eine Frau Schach spielen sehen wollten. Es geht darum, die Facetten der Menschen zu erzählen, mit allen Ecken und Kanten“, sagt Producerin Hänsel. Es gehe darum, die Persönlichkeiten den Menschen nahe zu bringen. „Das Licht für sie an zu machen.“Nur wenn man eine emotionale Bindung schaffe, erreiche man die Zuschauer, ist sich Hänsel sicher.
Ein Faktor, den auch Medienunternehmen hervorheben, wenn es um das Potenzial der Sportart geht. Der kostenpflichtige Streamingdienst Dazn zeigt die Champions League der Frauen auf Youtube freizugänglich. Für Thomas de Buhr, Deutschland-Chef von Dazn, ist das kein Diversty-Projekt. Er sei von dem Produkt überzeugt, sagt er. Und doch braucht es offenbar noch etwas, um die Zuschauer zu überzeugen. Nicht ohne Grund zeigt der Streamingdienst die Parten erstmal nicht hinter der Bezahlschranke. „Der Frauenfußball wird nur erfolgreich sein, wenn er attraktiven Sport bietet, spannenden Wettkampf, Leidenschaft. Das alles hat Frauenfußball. Er muss damit gutes Storytelling machen und Heldinnen kreieren“, sagt de Buhr.
Bindung und Identifikation sind die Stichwörter. Mit der Dokumentation soll ein Schritt in diese Richtung gemacht werden. „Heldin zu sein bedeutet ja nicht immer, den maximalen Erfolg zu haben, sondern das, was ich tue, mit sehr viel Leidenschaft und Einsatz zu machen“, sagt Voss-Tecklenburg. „Wir wollen einfach zeigen, dass wir cool drauf sind. Dass wir hochprofessionell und mit Leidenschaft dem nachgehen, was wir machen.“Das Licht werde angehen, verspricht die 53-Jährige.
Die Bundestrainerin betont seit Jahren, dass der Frauenfußball sichtbarer, die Bundesliga professioneller werden muss. Es gehe nicht nur um die gleiche Bezahlung von Fußballern und Fußballerinnen. „Wenn wir über Equal Pay sprechen, müssen wir auch über Equal Play (gleiches Spiel) sprechen“, mahnt sie und meint damit: Viele Bundesligaspielerinnen müssen noch einem anderen Beruf nachgehen und dafür Trainings oder Spiele absagen. In England ist das anders. Dort haben die Premier-League-Klubs ihre Frauenteams stark ausgebaut und professionalisiert. Trainiert wird unter Topbedingungen. Etwa zehn Millionen Euro fließen pro Saison in die Women‘s Super League, auch wegen eines lukrativen TV-Vertrags. „Der Markt ist da, aber wir müssen dort reinkommen“, sagt Voss-Tecklenburg.
Dem DFB ist das inzwischen zumindest teilweise gelungen. Bei MagentaSport werden künftig alle Spiele der Bundesliga live übertragen. „Ja, die Leute wollen Identifikation haben, aber ohne den Livesport funktioniert es auch nicht. Am Ende muss es Spannung in der Liga geben, mehr große Player als zwei bis drei“, sagt Henning Stiegenroth, Telekom Deutschland. In Sachen gleicher Bezahlung komme es auch darauf an, wie viel man erwirtschaften könne. „Die Liga muss die Attraktivität hochfahren, so dass dann auch die Medienrechte wertvoller sind“, sagt der Telekom-Manager.