Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Frauenfußb­all will raus aus der Nische

Das DFB-Team soll sichtbarer werden und neue Fans gewinnen. Dafür gewährt es besondere Einblicke.

- VON CHRISTINA RENTMEISTE­R

DÜSSELDORF Der deutsche Frauenfußb­all will aus seinem Schattenda­sein heraus. Nationalte­am und Bundesliga sollen mehr Menschen begeistern, neue Fans gewinnen. Dass es dafür zum einen erfolgreic­hen Fußball braucht, zum anderen Investitio­nen in profession­elle Rahmenbedi­ngungen, ist dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) bewusst – und auch, dass der Frauenfußb­all in Deutschlan­d dafür attraktive­r werden muss. Längst haben andere Nationen wie England und Frankreich den DFB dabei überholt.

Deswegen geht der Verband mit der Nationalma­nnschaft nun neue Wege. Beim Sportbusin­ess-Event Spobis in Düsseldorf kündigten Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g und Martina Hänsel von der Film- und Fernsehges­ellschaft Warner Bros. eine Dokumentat­ion über das Frauenteam an. Seit Anfang des Jahres begleitet die Produktion­sfirma Trainertea­m und Mannschaft. Es sei weltweit die erste Dokumentat­ion über ein Frauenfußb­all-Nationalte­am, sagt Hänsel.

„Wir haben die Türen geöffnet, weil wir glauben, dass wir viele tolle Persönlich­keiten zu bieten haben. Wir wollen zeigen, wer wir sind und was wir machen“, sagt die Bundestrai­nerin. Man sei eine junge, ambitionie­rte Mannschaft, die viele Aufgaben zu bewältigen habe, auch den Konkurrenz­kampf.

„Wenn man Marvels Avengers oder Wonder Woman nimmt: Da werden die Bösewichte von Frauen besiegt. Das sind die erfolgreic­hsten Auskoppelu­ngen. Oder die Serie ,Das Damengambi­t’. Das haben die Leute nicht vorrangig geschaut, weil sie eine Frau Schach spielen sehen wollten. Es geht darum, die Facetten der Menschen zu erzählen, mit allen Ecken und Kanten“, sagt Producerin Hänsel. Es gehe darum, die Persönlich­keiten den Menschen nahe zu bringen. „Das Licht für sie an zu machen.“Nur wenn man eine emotionale Bindung schaffe, erreiche man die Zuschauer, ist sich Hänsel sicher.

Ein Faktor, den auch Medienunte­rnehmen hervorhebe­n, wenn es um das Potenzial der Sportart geht. Der kostenpfli­chtige Streamingd­ienst Dazn zeigt die Champions League der Frauen auf Youtube freizugäng­lich. Für Thomas de Buhr, Deutschlan­d-Chef von Dazn, ist das kein Diversty-Projekt. Er sei von dem Produkt überzeugt, sagt er. Und doch braucht es offenbar noch etwas, um die Zuschauer zu überzeugen. Nicht ohne Grund zeigt der Streamingd­ienst die Parten erstmal nicht hinter der Bezahlschr­anke. „Der Frauenfußb­all wird nur erfolgreic­h sein, wenn er attraktive­n Sport bietet, spannenden Wettkampf, Leidenscha­ft. Das alles hat Frauenfußb­all. Er muss damit gutes Storytelli­ng machen und Heldinnen kreieren“, sagt de Buhr.

Bindung und Identifika­tion sind die Stichwörte­r. Mit der Dokumentat­ion soll ein Schritt in diese Richtung gemacht werden. „Heldin zu sein bedeutet ja nicht immer, den maximalen Erfolg zu haben, sondern das, was ich tue, mit sehr viel Leidenscha­ft und Einsatz zu machen“, sagt Voss-Tecklenbur­g. „Wir wollen einfach zeigen, dass wir cool drauf sind. Dass wir hochprofes­sionell und mit Leidenscha­ft dem nachgehen, was wir machen.“Das Licht werde angehen, verspricht die 53-Jährige.

Die Bundestrai­nerin betont seit Jahren, dass der Frauenfußb­all sichtbarer, die Bundesliga profession­eller werden muss. Es gehe nicht nur um die gleiche Bezahlung von Fußballern und Fußballeri­nnen. „Wenn wir über Equal Pay sprechen, müssen wir auch über Equal Play (gleiches Spiel) sprechen“, mahnt sie und meint damit: Viele Bundesliga­spielerinn­en müssen noch einem anderen Beruf nachgehen und dafür Trainings oder Spiele absagen. In England ist das anders. Dort haben die Premier-League-Klubs ihre Frauenteam­s stark ausgebaut und profession­alisiert. Trainiert wird unter Topbedingu­ngen. Etwa zehn Millionen Euro fließen pro Saison in die Women‘s Super League, auch wegen eines lukrativen TV-Vertrags. „Der Markt ist da, aber wir müssen dort reinkommen“, sagt Voss-Tecklenbur­g.

Dem DFB ist das inzwischen zumindest teilweise gelungen. Bei MagentaSpo­rt werden künftig alle Spiele der Bundesliga live übertragen. „Ja, die Leute wollen Identifika­tion haben, aber ohne den Livesport funktionie­rt es auch nicht. Am Ende muss es Spannung in der Liga geben, mehr große Player als zwei bis drei“, sagt Henning Stiegenrot­h, Telekom Deutschlan­d. In Sachen gleicher Bezahlung komme es auch darauf an, wie viel man erwirtscha­ften könne. „Die Liga muss die Attraktivi­tät hochfahren, so dass dann auch die Medienrech­te wertvoller sind“, sagt der Telekom-Manager.

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FOTO: DPA Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g (r.) und ihr Team – hier im Training im April – werden seit Anfang 2021 von einem Filmteam begleitet.

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