Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Slawig sieht Haushaltsausgleich in Gefahr
Recht auf Ganztagsbetreuung verursacht Kosten – Sozialdezernent spricht von einem „Meilenstein“.
(ll/kati) Wuppertals Stadtkämmerer Johannes Slawig (CDU) sieht den Haushaltsausgleich in akuter Gefahr. Vor den Etat-Beratungen sei die Situation vergleichbar mit der, die vor einigen Jahren zum Stärkungspakt mit der nordrheinwestfälischen Landesregierung geführt habe. Ein weiterer Stärkungspakt ist nicht in Sicht. Damals hatte NRW der Stadt Wuppertal mit insgesamt mehr als 500 Millionen Euro über mehrere Jahre zu einem ausgeglichenen Haushalt verholfen.
Als Risiko für Wuppertal sieht Slawig vor allem die notwendigen Ausgaben für Klima- und Hochwasserschutz sowie für Investitionen in die Bildungslandschaft der Stadt. Dabei soll allein die 7. Gesamtschule mit 80 Millionen Euro zu Buche schlagen. Außerdem sieht der Kämmerer durch die Stadtwerke Belastungen auf die Stadt zukommen. Deren Investitionsbedarf von bis zu 300 Millionen Euro kann demnach nur mit Krediten gedeckt werden, die teilweise von der Stadt aufgenommen werden. „Das wird uns belasten“, sagt Slawig.
Umso beunruhigender sind aus seiner Sicht die neuesten Nachrichten aus Berlin. Das Recht auf die Ganztagsbetreuung in Grundschulen ab 2026 sei zwar begrüßenswert, werde sich auf den Haushalt Wuppertals aber negativ auswirken. „Konkrete Zahlen haben wir zwar noch nicht. Aber ich gehe von mindestens fünf Millionen Euro im Jahr aus.“
Er fordere von Bund und Land zwar die Kostenübernahme, rechne aber nicht damit. Bund und Länder haben beschlossen, sich die Betriebskosten von insgesamt etwa 4,5 Milliarden Euro im Jahr so zu teilen, dass der Bund ein Drittel übernimmt, die Länder und die Gemeinden den Rest tragen.
Sozialdezernent Stefan Kühn (SPD) sieht zwar auch die Belastungen, die dadurch auf die Stadt zukommen, nennt den Beschluss aber einen „Riesenschritt“und „Meilenstein“. Eine Ganztagsbetreuung helfe nicht nur Eltern, Familie und Beruf zu verbinden. Sie leiste auch einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit: „Gerade wer zu Hause nicht so gefördert werden kann, profitiert von der Ganztagsbetreuung.“
Derzeit können in Wuppertal rund 40 Prozent der Grundschulkinder in Ganztagsangeboten betreut werden. Man gehe davon aus, dass künftig Familien für etwa 80 Prozent der Kinder eine solches Angebot wünschen. „Von daher müssen wir die Plätze verdoppeln.“Zu den derzeit rund 4000 Plätzen müssten 4000 weitere geschaffen werden.
Das sei eine Herausforderung bei drei Aspekten: bei den Räumen, beim Personal und beim Geld. Bei den Räumen sei die Stadt bereits dabei, das Angebot schrittweise auszubauen, etwa bei Neubauten und Sanierungen von Grundschulen Ganztagsplätze direkt einzuplanen. Wie die Kosten zwischen Bund, Land und Kommunen aufzuteilen sind, „wird in den nächsten Jahren noch diskutiert werden“. Dazu zählt auch die Finanzierung von Fachpersonal.
Geplant sei, dass 2026 die Erstklässler einen Rechtsanspruch haben, der dann jeweils auf die nachfolgenden Jahrgänge ausgeweitet wird. 2029 werden dann alle Grundschulkinder davon erfasst sein.