Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Gentleman lässt den Schützenplatz beben
Gentleman sorgte für einen denkwürdigen Abschluss des „Liebe & Musik“-Festivals auf dem Schützenplatz. Das Konzert war ausverkauft, die Menge feierte ausgelassen und der Künstler sorgte für Gänsehaut-Momente.
REMSCHEID
Ausverkauft. Mehr als 1000 Zuschauer kamen beim Abschluss des „Liebe & Musik“-Festivals auf den Schützenplatz, um Gentleman zu sehen. Kurz vor Schluss war das Ticketkontingent um 200 aufgestockt worden, die sofort vergriffen waren. Es wurde ein denkwürdiger Abend, der selbst Veranstalter Sebastiao Pembele mehr als einmal eine Gänsehaut bescherte. Mit dem Kölner Tilmann Otto, der als Gentleman in über 20 Jahren zu Deutschlands Reggae-Export Nr. 1 geworden ist, präsentierte Pembele einen würdigen Abschluss der Konzertreihe.
Zum Auftakt des lauen, von den Temperaturen perfekten Spätsommerabends, erklang ein fulminantes Instrumentalstück. Das Publikum jubelte, als der Künstler nach seiner Band die Bühne betrat. „Es ist so schön, hier in Remscheid zu sein“, begrüßte Gentleman seine Fans überschwänglich und stimmte „Uprising“an, das Gentleman mit Marley-Sohn Ky-Mani geschrieben hat.
„Früher waren die 3Gs: gefeiert, gesoffen, gekotzt“, feixte Gentleman und bedankte sich erneut, dass er wieder auf der Bühne stehen darf. Songs aus dem Album „Blaue Stunde“wurden vorgestellt. Sitzordnungen wurden bald nicht mehr eingehalten, die Stühle verlassen, es zog die Reggae-Fans vor das Podest. Corona-Abstandsregeln wurden in der Euphorie ignoriert. „Die Stimmung ist der Hammer“, sagte Pompilio Iona, der am 23. November im Kölner Palladium ein weiteres Gentleman-Konzert genießen möchte. Tanzen, Singen und Freunde treffen, das hatten die meisten vermisst. Dieser Auftritt gab ihnen alles. Die positiven Vibrationen kamen rüber. Gentleman weckte die Lebensfreude.
„Der nächste Song soll den Dreck beiseite packen. Vielleicht können wir mit dem Song die Spaltung in der Gesellschaft abschaffen“, sagte Gentleman und sang „Staubsauger“. Dazu gab Gentleman dem Publikum die Staubsauger-Choreographie vor. Fast alle standen auf, ließen die Hüften kreisen und sangen mit. „Drück mal kurz auf Stopp und halt alles an, es ist alles viel zu schnell“, hieß es in dem Song „Time out“. Gentlemans Lieder rufen das Wesentliche in Erinnerung. Liebe, Ruhe und Zusammenhalt standen im Vordergrund.
Immer wieder reckte der 46-jährige Künstler, der selbst auf Jamaika eine große Nummer ist, das Mikrofon ins Publikum, das die Lieder auswendig intonierte. „Totale Eskalation, wir sind nach vorne gegangen und haben uns in die Menge gestürzt“, sagte Katharina Malang lachend. Vor der Bühne war der Jubel am größten.
Gentleman war sichtlich gerührt: „Ihr seid so süß. Danke, dass ich hier sein darf“, meinte er überwältigt und dachte an anderthalb Jahre Berufsverbot, die hinter allen Künstlern liegen. Auf politische Statements verzichtete er. Beim Song „Fire“zückten alle ihre Handys. Hunderte Lichter sorgten für romantische Stimmung in einem Meer aus Licht, Liebe und Einheit.
„An alle Männer, lasst mal ruhig ne Plautze haben“, riet Gentleman und zeigte seinen Bauch. „Und ihr Frauen, die Schönheit kommt von innen.“Spontaner Beifall. Dazu erklang der Song „Ahoi“. Seweryn Bryla war mit seiner Tochter Wiki aus Essen nach Remscheid gekommen. „Es gab viele Momente, wo man alles um sich vergessen konnte“, resümierte er glücklich. Gentleman grüßte mit „Garten“seine Frau Tamika und stieg von der Bühne, nahm ein Bad in der Menge, die ihn laut klatschend begrüßte. Gegen 21.30 Uhr begann Gentleman sich zu verabschieden. Das Publikum rief sofort nach Zugabe. „Ihr müsst erst nach Zugabe rufen, wenn wir nicht mehr auf der Bühne stehen“, korrigierte der Sänger. Die Zugaberufe hörten nicht auf und Gentleman ließ „Zwischen den Stühlen“, „Ring an deinem Finger“und einen Song von Bob Marley erklingen. Atemberaubend schön.