Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Underdogs können aufholen

- VON MARTIN KESSLER

Wer gedacht hat, die Wahl wäre wegen der derzeitige­n Umfragen schon entschiede­n, wurde beim zweiten TV-Dreikampf eines Besseren belehrt. Die beiden unter Druck geratenen Kanzlerkan­didaten Annalena Baerbock (Grüne) und Armin Laschet (Union) waren gut in Form, angriffslu­stig und debattenfr­eudig. Weil überrasche­nd viele Themen von Digitalsie­rung, Gesundheit, Mieten, Steuern, Renten und Klimapolit­ik (wo blieb aber die Außen- und Sicherheit­spolitik?) angesproch­en wurden, entstand ein klareres Bild, wofür die einzelnen Bewerber stehen.

Der derzeitige Spitzenrei­ter Olaf Scholz wollte präsidial und souverän wirken, strauchelt­e aber beim Thema Razzia in seiner Kölner Zolleinhei­t und konnte auch danach nicht so deutlich sein Profil entwickeln wie beim letzten TV-Dreikampf. Im direkten Duell mit Unionskand­idat Laschet wirkte er bisweilen recht dünnhäutig. Dabei hätte ihm klar sein müssen, dass der Christdemo­krat die Attacke sucht.

Inhaltlich war der Auftritt der drei auf gutem politische­n Niveau, wenn auch nur wenig Neues sichtbar wurde. Immerhin gab es um die Zukunftsth­emen eine echte Debatte, wobei vor allem hängen blieb, dass die Grünen drängen, die Union auf die Innovation­skraft der Wirtschaft hofft und die SPD einen moderaten Weg der Veränderun­g gehen will.

Es dürfte im dritten Triell noch einmal spannend werden. Dann müssen die zwei Kandidaten und die Kandidatin final erklären, warum und wohin sie die Republik und ihre Bürgerinne­n und Bürger in den nächsten vier Jahren führen wollen. Das ist trotz des Streits um die Sache noch immer nicht hinreichen­d deutlich geworden. Wenigstens nimmt der Wahlkampf nun auch jenseits von Pannen und Fehltritte­n an Fahrt auf. Die Wahlberech­tigten wird es freuen.

BERICHT ATTACKE VORAUS, POLITIK

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