Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Den Wandel nicht verschlafen
Wenn es um mahnende Beispiele für verpasste Trends in der Wirtschaft geht, ist oft die Rede vom Kodak-Moment. Der seinerzeit
weltgrößte Hersteller von Filmen hatte den Wandel zur Digitalkamera verschlafen – und verschwand in der Bedeutungslosigkeit. Die Messe IAA sollte zeigen, dass es den Kodak-Moment in der Auto-Industrie nicht geben wird, weil die Branche früh genug aufgewacht ist. Es ging um Elektromobilität, Software, sogar Fahrräder waren Teil der einst stolzen Automesse.
Aus deutscher Sicht muss man sagen: Es darf ihn angesichts der Bedeutung der Industrie für Wohlstand und Arbeitsplätze auch nicht geben. Vielmehr wird sich an der Branche zeigen müssen, dass es gelingen kann, innerhalb weniger Jahre klimaneutral zu werden – und dabei die Industrie zu erhalten. Denn die Umweltorganisation Greenpeace hatte bereits vor zwei Jahren errechnet, dass die gesamte Automobilindustrie weltweit für rund neun Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich ist. Ohne die Industrie wird der Klimawandel daher nicht gestoppt werden können. Und umgekehrt gilt: Wenn die in vielen Bereichen so fortschrittliche Automobilindustrie den Wandel nicht schafft, wer dann?
Der Veränderungsdruck ist enorm. Die Branche muss den Trend zur E-Mobiltität meistern und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Autos künftig autonom fahren können. Die Politik muss daher kluge Leitplanken setzen, damit langfristige Planungen möglich sind: Welche Rolle sollen Autos in den Innenstädten spielen? Wie gelingt die Mobilitätswende im ländlichen Raum?
Der E-Auto-Pionier Tesla wird an der Börse fünfmal so hoch bewertet wie der VW-Konzern, obwohl Tesla 2020 knapp 500.000 Fahrzeuge ausgeliefert hat und VW 9,3 Millionen. Doch VW baute nur halb so viele Elektroautos wie Tesla. Das zeigt: An der Börse wird die Zukunft gehandelt – wer sich darauf einlässt, wird gewinnen.
BERICHT AUTOSCHAU IAA ENDET MIT PROTESTEN, WIRTSCHAFT