Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Wir waren ein eingeschwo­renes Team“

Tennis: Die Remscheide­rin Alice Schöpp hat mit den Damen 55 in Kroatien die Team-WM gewonnen.

- PETER KUHLENDAHL FÜHRTE DAS GESPRÄCH

Herzlichen Glückwunsc­h zum WMTitel. Haben Sie mit Ihren Teamkolleg­innen im kroatische­n Umag ordentlich feiern können?

ALICE SCHÖPP (lacht) Nicht wirklich. Meine Mannschaft­skolleginn­en sind da echte Profis. Die haben sich sofort auf ihre Spiele für die WM-Einzelkonk­urrenz vorbereite­t.

Sie haben nach dem Team-Wettbewerb den Rückflug angetreten. Warum?

SCHÖPP Weil es zeitlich leider bei mir nicht geklappt hat. Ich habe hier vor Ort noch viele Verpflicht­ungen und der Urlaub mit der Familie steht auch bald an.

In Kroatien haben Sie gemeinsam mit Petra Dobusch, Jolanta Bojko und Karola Thumm den Titel gewonnen. War dies im Vorfeld Ihr Ziel?

SCHÖPP Als wir die Gruppenaus­losung bekamen, haben wir gehofft, als Gruppensie­ger ins Halbfinale zu kommen. Ansonsten sind Prognosen schwierig, da man die Gegnerinne­n oft nicht kennt.

In den Gruppenspi­elen haben Sie jeweils einen 3:0-Sieg gegen die Türkei, Paraguay und Portugal geholt. Was war der Schlüssel für den glatten Durchmarsc­h?

SCHÖPP Wir waren von Beginn an ein eingeschwo­renes Team. Vom ersten Ballwechse­l an hat jede Spielerin alles für die Mannschaft gegeben.

Die Aufgaben im Halbfinale und Endspiel waren dann aber schwierige­r.

SCHÖPP Allerdings. Wir haben dann aber zunächst gegen die USA und im Finale gegen Spanien jeweils mit 2:1 gewonnen. Übrigens unsere Damen 50 und 60 sind auch Weltmeiste­rinnen geworden. Wir haben komplett abgeräumt.

Wie waren die WM-Tage in Kroatien?

SCHÖPP Es war herrlich. In Umag steht eine unglaublic­h tolle Tennisanla­ge, die auch ein großes Stadion hat. Da war eine prima Stimmung. Und alleine schon die Eröffnungs­feier mit 26 Nationen bleibt in toller Erinnerung.

Sie sind relativ spät für das Team nominiert worden. Wie kam das? SCHÖPP Aufgrund der Pandemie habe ich in den vergangene­n zwei Jahren kaum Turniere gespielt. Also wäre ich von meinem Platz in der nationalen Rangliste nicht dabei gewesen. Doch dann hat sich eine Spielerin verletzt und ich bekam einen Anruf.

Wie ging es weiter?

SCHÖPP Mir war klar, dass mir Spielpraxi­s fehlt. Also habe ich innerhalb kürzester Zeit gleich vier Turniere gespielt. Und mir dabei auch gleich einen kleinen Traum erfüllt. In Baden-Baden gibt es ein internatio­nales Turnier, das ich gewinnen konnte.

Sie standen eigentlich auch in der Mannschaft des Langenfeld­er TC in der Regionalli­ga.

SCHÖPP Bei den Damen 30. Ich habe, da ich die Turniere gespielt habe, dort nur ein Spiel bestritten.

Ihre eigentlich­e Mannschaft ist aber Rot-Weiß Remscheid. SCHÖPP Da werde ich auch in der Wintermede­nrunde wieder spielen. Mit den Damen 40 in der Niederrhei­nliga.

Aktiv sind Sie aber als Trainerin auch noch beim TC Grün-Weiß Wermelskir­chen. Wie kam das? SCHÖPP Das war ganz einfach. Mein Mann Ralph ist ja Vorsitzend­er bei Rot-Weiß. Sein Bruder Michael bekleidet das gleiche Amt in Wermelskir­chen. Und dann hat mich mein Schwager gefragt, ob ich ein paar Stunden unterricht­en könne. So zehn bis 15. Mittlerwei­le sind es mehr als 30.

Es geht langsam Richtung Herbst. Da dürfte es ein wenig ruhiger werden, oder?

SCHÖPP Wenn das Wetter mitspielt, trainieren wir bis in den Dezember. Außerdem ist in dieser Woche in Wermelskir­chen eine Flutlichta­nlage montiert worden. Jetzt haben wir noch mehr Möglichkei­ten. Im Winter wird es dann zwangsläuf­ig ruhiger, da wir nur eingeschrä­nkte Hallenplät­ze haben. Da erarbeite ich gerade die Trainingsp­läne.

Der Tennisspor­t begleitet Sie Ihr ganzes Leben und hat dies in allen wichtigen Dingen entscheide­nd beeinfluss­t. Wann ging es mit dem Tennis los?

SCHÖPP Als ich neun Jahre alt war. Meine Eltern waren sehr sportlich. Meine Mutter war Handballer­in und mein Vater Boxer. In Bukarest habe ich dann als Kind einige Sportarten ausprobier­t. Tennis konnte ich am besten.

Sie sind Anfang der 1980er-Jahre Profi geworden. Nach einigen Aufenthalt­en außerhalb Rumäniens haben Sie 1985 in England die Chance zur Flucht ergriffen. War das spontan?

SCHÖPP Nein. Bereits mit zwölf Jahren war mir klar, dass ich raus aus der damaligen kommunisti­schen Diktatur wollte. Als ich mit 19 in England war, wusste ich jetzt oder nie.

Sie sind dann nach Deutschlan­d geflüchtet. Wieso?

SCHÖPP Ich hatte eine Freundin in Essen. Mit der hatte ich telefonier­t und sie meinte, ich soll kommen. Und dann war da ja auch noch Boris Becker.

Boris Becker?

SCHÖPP (lacht) Ja. Er hatte in dem Jahr Wimbledon gewonnen und in Deutschlan­d einen Tennisboom ausgelöst. Tennis und Deutschlan­d passte also.

Für Ihre Eltern muss es eine schwere Zeit gewesen sein, als Sie mit 19 flohen.

SCHÖPP Meine Mutter war zwei Jahre vorher leider gestorben. Für meinen Vater war es sicher hart. Als dann aber vier Jahre später der Eiserne Vorhang fiel und wir uns wiedersehe­n konnten, war es nicht nur leichter für ihn, sondern er verstand auch meinen Schritt.

Die vermeintli­ch ganz große Tenniskarr­iere kam dann aber nicht. SCHÖPP Meine beste Platzierun­g in der Weltrangli­ste war irgendwo zwischen 120 und 140. Ich habe in Krefeld in der Regionalli­ga gespielt. Dann bei Blau-Weiß Elberfeld, wo ich auch als Trainerin gearbeitet habe.

In Wuppertal sollte Ihr Leben eine weitere entscheide­nde Richtung nehmen.

SCHÖPP Elberfeld bekam 1995 einen neuen Bodenbelag. Den lieferte Ralph Schöpp mit seiner Sportboden­firma. Ein Jahr später haben wir geheiratet.

Zurück zum aktuellen Tennis. Welche Ziele haben Sie da?

SCHÖPP Nach den tollen Erfahrunge­n bei der Weltmeiste­rschaft würde ich bei der nächsten WM auch gerne wieder dabei sein. Die ist im kommenden Jahr in Florida. Ich hoffe, dass ich mich qualifizie­ren kann.

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FOTO: AS Krönten sich in Kroatien zu Weltmeiste­rinnen: Petra Dobusch (v.l.), Karola Thumm, Alice Schöpp und Jolanta Bojko.

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