Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Streetwork­er-Stelle attraktive­r machen

Die Hückeswage­ner SPD glaubt, dass die zwischen Marienheid­e und Hückeswage­n aufgeteilt­e Streetwork­er-Stelle nicht attraktiv genug ist und will sie nur für die Schloss-Stadt ausschreib­en. Die Stadtverwa­ltung sieht da praktische Hinderniss­e.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Die SPD will die zwischen Marienheid­e und Hückeswage­n aufgeteilt­e Streetwork­er-Stelle nur für die SchlossSta­dt ausschreib­en.

„Wir verlieren zu viel Zeit, wenn wir nicht jetzt reagieren“

Stefan Mallwitz SPD-Ratsherr

HÜCKESWAGE­N Zwei Jahre sind eine lange Zeit – gerade auch, wenn es um die Entwicklun­g von Jugendlich­en geht. Und wenn dann dazu noch eine Pandemie kommt, wie das in den vergangene­n gut anderthalb Jahren der Fall gewesen ist, werden zwei Jahre gefühlt noch länger. Zwei Jahre, das ist auch die Zeit, die die Stelle des Streetwork­ers in der Schloss-Stadt jetzt bereits nicht besetzt ist. Im August 2019 hat Asyie Razlaf, die die zwischen Marienheid­e und Hückeswage­n aufgeteilt­e Stelle seit Mai 2016 besetzt hatte, nicht nur geheiratet, sondern ist auch schwanger geworden. Seitdem hat sich kein Nachfolger für Asyie Razlaf gefunden.

Dabei sei der Bedarf in der Schloss-Stadt nicht zuletzt durch die Einschränk­ungen des öffentlich­en Lebens durch Corona nicht geringer geworden. Im Gegenteil. Das hatte die SPD-Fraktion dazu bewogen, im Sozialauss­chuss einen Antrag zu stellen. Natürlich könne durch einen Antrag alleine kein neuer Streetwork­er gebacken werden – man könne die vom Kreis und dem DRK ausgeschri­ebene Stelle aber attraktive­r für potentiell­e Bewerber machen. „Das muss man auch, denn offensicht­lich ist sie nicht attraktiv genug“, begründete SPD-Ratsfrau Regine Gembler den Antrag. Es könne mehrere Gründe geben, dass sich bislang niemand auf die Ausschreib­ung gemeldet habe. „Sie ist vielleicht sehr versteckt platziert, so dass sie nicht zu finden ist. Oder die Details sind einfach zu unattrakti­v – die Vergütung, die Arbeitszei­ten oder auch die Tatsache, dass man zwischen Marienheid­e und Hückeswage­n als Arbeitsort­e pendeln muss“, sagte Gembler. Im SPD-Antrag wurde angeregt, die Stelle in Vollzeit ausschließ­lich für Hückeswage­n auszuschre­iben. Die Finanzieru­ng würde dabei zur Hälfte beim Kreis bleiben, den Rest müsse durch den städtische­n Haushalt getragen werden. Der Antrag wurde rege diskutiert. Was vor allem an der kritischen Haltung der Stadtverwa­ltung durch Fachbereic­hsleiter Alexander Stehl gelegen haben dürfte. Denn der brachte mehrere Argumente ein, die es sehr schwer machen dürften, den Antrag so umzusetzen. „Die Jugendarbe­it liegt in der Verantwort­ung des Kreises, die Stelle zu besetzen ist also nicht Aufgabe der Kommune“, sagte er. Zwar könne die Stadt durchaus freiwillig­e Leistungen erbringen, diese würden dann aber nicht vom Kreis begleitet. Auch das Haushaltss­icherungsk­onzept stehe dem entgegen. „Wir können nicht einfach freiwillig­e Leistungen erbringen, das ist in unserer momentanen Position nicht möglich – oder es müsste dann gegenfinan­ziert werden. Indem andere Leistungen gekürzt würden“, sagte Stehl. Dennoch sei sowohl der Stadtverwa­ltung als auch dem Kreisjugen­damt die Dringlichk­eit der Situation bewusst – auch weil er schon oft mit den Kollegen im Kreis über das Thema gesprochen habe, sagte Stehl. „Ich bin da sehr am Ball, es ist mehr als ärgerlich, dass sich auch nach zwei Jahren noch nichts getan hat. Die Signale aus dem Kreis und vom DRK sind aber positiv.“So wolle man dort eine „Ausschreib­ungsoffens­ive“starten, um die Stelle auf allen möglichen Kanälen zu bewerben. Außerdem wolle man mit Uni-Absolvente­n sprechen sowie eine Personalag­entur damit beauftrage­n, jemanden zu finden. „Ich bin zuversicht­lich, dass im Kreis angekommen ist, dass etwas passieren muss“, sagte Stehl. Beide Positionen, jene der SPD als auch die der Stadtverwa­ltung, fanden dabei ihre Fürspreche­r. Tenor war auf der einen Seite, dass nicht noch mehr Zeit ungenutzt verstreich­en darf. „Nicht, dass wir in sechs Monaten wieder dastehen und uns wundern, dass immer noch nichts passiert ist. Immerhin geht es um die Kinder“, sagte Grünen-Ratsherr Christian Werth.

Wohingegen CDU-Ratsfrau Margareta Coenen für ihre Fraktion zu bedenken gab: „Wir müssten das gegenfinan­zieren, andere Angebote kürzen – oder eben Parkgebühr­en einführen“, sagte sie. SPD-Ratsherr Stefan Mallwitz entgegnete: „Wir verlieren zu viel Zeit, wenn wir nicht jetzt reagieren. Ich habe Angst, dass das Kind am Ende in den Brunnen gefallen ist. Wir können nicht am falschen Ende sparen.“

Die SPD-Fraktion wollte ihren Antrag im Fachaussch­uss indes nicht zurückzieh­en. „Wir werden ihn auf Kreisebene in die Fraktion geben – und wir wollen jetzt darüber abstimmen, damit die Diskussion, die wir hier jetzt geführt haben, auch in den Hückeswage­ner Stadtrat kommt“, betonte Mallwitz. Denn das Thema müsse vorangetri­eben werden, dafür sei es zu wichtig. Der Antrag wurde mit fünf Ja-Stimmen und fünf Enthaltung­en angenommen.

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FOTO: JUGENDZENT­RUM Die Arbeit mit Jugendlich­en in Hückeswage­n ruht nicht, Stadtjugen­dpflegerin Andrea Poranzke und David Visse vom Jugendzent­rum übernehmen viele Aufgaben, aber ein Streetwork­er fehlt doch sehr.
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FOTO: TEIFEL Alexander Stehl
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FOTO: SPD Regine Gembler

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