Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mit Davidstern oder ohne?

Bilder von Überwachun­gskameras ziehen Gil Ofarims Schilderun­gen in Zweifel.

- VON DOROTHEE KRINGS

Weil er eine Kette mit Davidstern umhängen hatte, sei er in einem Leipziger Hotel antisemiti­sch beleidigt und am Einchecken gehindert worden. So hatte es der Sänger Gil Ofarim kurz nach dem Vorfall Anfang Oktober in einem emotionale­n Video geschilder­t und sein Statement in digitalen Netzwerken geteilt. Doch nun sind Zweifel an dieser Schilderun­g aufgekomme­n. Die „Bild am Sonntag“veröffentl­ichte Auszüge aus Überwachun­gsvideos, in denen Ofarim während des fraglichen Geschehens anscheinen­d keine entspreche­nde Kette um den Hals trägt. Auf Nachfrage soll der Sänger den Vorfall gegenüber der Zeitung so geschilder­t haben: „Der Satz, der fiel, kam von hinten. Das heißt, jemand hat mich erkannt. Es geht hier nicht um die Kette. Es geht eigentlich um was viel Größeres. Da ich oft mit dem Davidstern im Fernsehen zu sehen bin, wurde ich aufgrund dessen beleidigt.“Nicht die Sichtbarke­it der Kette im Hotel sei entscheide­nd, sondern dass er antisemiti­sch beleidigt worden sei. Ofarims Managerin war am Sonntag für weitere Nachfragen nicht erreichbar.

Ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft in Leipzig bestätigte, dass es neben unterschie­dlichen Sachverhal­tsdarstell­ungen der unmittelba­r Beteiligte­n inzwischen auch wechselsei­tige Strafanzei­gen sowie Strafanzei­gen Dritter gebe, zu denen die Staatsanwa­ltschaft ermittelt. Unter anderem hat einer der beschuldig­ten Hotelmitar­beiter wegen Verleumdun­g Strafanzei­ge gegen Ofarim erstattet. Er hat die Vorkommnis­se in früheren Aussagen anders dargestell­t als der Künstler. Da die Ermittlung­en noch laufen, wollte auch die Staatsanwa­ltschaft sich nicht äußern und kommentier­e die aktuellen Medienberi­chte nicht.

Ofarim, Sohn des israelisch­en Musikers Abi Ofarim, ist in Deutschlan­d aufgewachs­en und lebt derzeit in München. Nach dem Vorfall am 4. Oktober in Leipzig hatte Gil Ofarim am 12. Oktober an seinem Wohnort Anzeige erstattet. Laut Polizeiang­aben waren Ermittler der sächsische­n Polizei zu seiner Vernehmung nach München gereist.

Die Hotelgrupp­e Marriott Internatio­nal, zu der das Hotel in Leipzig gehört, will das Ergebnis der Ermittlung­en abwarten. „Wir sind der Meinung, dass alle Hinweise am besten im Rahmen dieser Gesamtunte­rsuchung bewertet werden“, teilte die Gruppe der Deutschen Presse-Agentur mit. Das Hotel selbst verwies auf eine beauftragt­e Rechtskanz­lei, die sich um die Aufklärung des Falles kümmere. Das Hotel hatte Zeugen eigenständ­ig befragen lassen und war dafür kritisiert worden.

„Es geht hier nicht um die Kette“

Gil Ofarim Sänger

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