Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Rock mit Rotwein, Keyboard und Gitarre
Saori Jo aus Frankreich brachten stimmungsvolle Rockmusik mit psychedelischer Note ins Lenneper Rotationstheater. Besonders war dabei, dass das Duo wie eine komplette Band funktionierte.
REMSCHEID Vive la France – mit dem Duo Saori Jo im mit rund 30 Gästen gut besuchten Rotationstheater in Lennep. Aber was war eigentlich so typisch französisch an den beiden Musikern mit den wilden 80er-Jahre-Gedächtnisfrisuren? Die Musik nicht, die erinnerte zu Beginn mit den sphärischen Keyboard- und Gitarrenklängen eher an Pink Floyd als an Chansons, Rotwein und Baguette. Der Gesang von Marjorie Pascot vielleicht schon eher. Denn der hatte einen deutlichen französischen Einschlag, auch wenn sie größtenteils auf Englisch sang. Was zur Folge hatte, dass man nur wenig von den Texten verstand. Aber das war nicht weiter schlimm, weil der Gesang eher als weiteres Instrument funktionierte.
Apropos funktionieren: Das Duo agierte wie eine komplette Band. Zwar fehlte ein Schlagzeug – zum Glück, mochte man sagen, verzichtete Marjorie Pascot an ihrem Keyboard darauf, einen Drumcomputer einzusetzen. Miguel Ruiz an der Gitarre changierte virtuos zwischen Rhythmusgeber und Gitarrengott. Da gab es dezente Rhythmustupfer, die wie hingehaucht wirkten. Auf der einen Seite. Auf der anderen warf Ruiz das Effektgerät an, verzerrte seinen Fender-Sound und solierte wie entfesselt. Und er wirkte dabei so ruhig und gelassen, als wäre gar nichts dabei – obwohl er nach eigener Aussage sehr nervös war. Die Elsässerin am Keyboard sorgte dann für Akkorde und Basslinien. Und wenn die Dynamik eher rockig wurde, war es tatsächlich so, als stünde da eine mehrköpfige Band auf der Rotationsbühne.
Die Musik war fraglos der Hauptdarsteller dieser beiden Abende denn das Duo spielte sowohl am Freitag- als auch am Samstagabend im Herz der Lenneper Altstadt. Aber an Marjorie Pascot und Miguel Ruiz waren auch sehr humorvolle Alleinunterhalter verlorengegangen, die in ihren Moderationen – oder launigen Zwiegesprächen – einen überaus sympathischen Humor an den Tag legten. Wenn sie etwa über das durch die Pandemie „verlorengegangene Englisch“sinnierte, das daher mindestens genauso schlecht sei wie ihr Deutsch. Mit Hilfe ihres Gitarristen brachte sie schließlich unter dem Applaus des Publikums den Satz „Ich bin froh, hier zu sein“heraus. Was man ihr auch fraglos abnahm – ein Blick in ihre strahlenden Augen unter der strubbeligen PattiSmith-Frisur genügte, um da ganz sicher zu sein.
Man musste Saori Jos Musik gar nicht kennen, um sich davon wohlig eingewickelt zu fühlen. Die Harmonien waren eingängig, die Gesangsmelodien auch. Stellenweise sorgten die hypnotischen Wiederholungen der Akkorde sogar für eine gewissermaßen einlullende Zufriedenheit. Und wenn Miguel Ruiz dann ekstatisch solierte, war das die Sahnehaube auf dieser enorm vielfältigen Musik-Torte. Etwa bei „Fairy world“, jenem Song, den Saori Jo einst mit Jethro-Tull-Flötenguru Ian Anderson aufgenommen hatten. Und der bei aller großen Klasse, der tollen Melodien und Harmonien doch nur der „Primus inter pares“an diesem tollen Abend war.
Aber was war denn nun typisch französisch an diesem gutgelaunten Duo? Natürlich doch – der Rotwein. Den gab es stilvoll im Glas. Und vielleicht war er auch zur Nervenberuhigung der Musiker gedacht. Denn wegen der „Scheiß-Corona-Pandemie“– mit französischem Akzent klang sogar dieses globale Ärgernis irgendwie süß – waren die beiden doch etwas aufgeregt. Was sie übrigens nur noch sympathischer machte. Und das Publikum sorgte mit seinem begeisterten Applaus dann vielleicht ebenfalls für ein wenig Beruhigung auf der Bühne. Dem Auftritt war es vielleicht insofern anzumerken, als dass das Duo im Verlauf des Abends ist jedem Song an Selbstsicherheit gewann.