Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Dringendes Ende eines brutalen Streiks
Jubel bei den Verdi-Funktionären: Man habe den ersten Flächentarifvertrag zur Entlastung durchgesetzt. In der Tat haben Pflegekräfte bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung verdient. Viele schuften bis zum Umfallen, gerade in der Pandemie haben Pflegerinnen und Pfleger Enormes geleistet. Die hohen Krankenstände und vielen offenen Stellen zeigen, dass etwas im System nicht stimmt.
Doch der Weg, auf dem Verdi dieses Ergebnis durchgesetzt hat, spottet jeder Beschreibung. 77 Tage lang bestreikte die Gewerkschaft die Unikliniken, obwohl das Land als ursprünglicher Arbeitgeber über Minister Laumann längst ein Einlenken signalisiert hatte, zunächst aber rechtliche Fragen zu klären waren. Und auch wenn die Gewerkschaft mit den Kliniken Notfallvereinbarungen getroffen hatte, trug sie den Streik brutal auf dem Rücken der Patienten aus. Über zehntausend Operationen wurden verschoben. Nicht einmal vor krebskranken Kindern machte Verdi beim Streiken halt. Hier haben sich Pflegekräfte von ihren Funktionären zu einem maßlosen Arbeitskampf anstiften lassen.
Das Ergebnis hätte sich gewiss auf anderem Wege erreichen lassen. Zumal am Verhandlungstisch am Ende mit Verdi und den Kliniken zwei Parteien saßen, die einen Vertrag zulasten Dritter geschlossen haben: Letztlich zahlen nicht die Unikliniken, sondern Krankenkassen und Land. Ob und wie die Unikliniken die zusätzlichen Stellen, die sie nun schaffen müssen, auch besetzen können, ist die große Frage. Die kommunalen Kliniken können sich nun auf harte Auseinandersetzungen gefasst machen. Mitarbeiter dort werden auf die gleichen Rechte pochen wie ihre Kollegen in den Unikliniken. Verdi will sicher keine Zwei-Klassen-Gesellschaft, sondern wird auch hier Extras zum Flächentarifvertrag verlangen. Man kann die Gewerkschaft nur warnen, erneut auf maßlose Arbeitskämpfe zu setzen und ihr Streikrecht zu missbrauchen.