Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Angst vor dem Schwimmbad-Lockdown

Wegen der Energiekri­se drohen weitere Schließung­en von Sportstätt­en. Gerade Frei- und Hallenbäde­r könnten betroffen sein. Die DLRG warnt jedoch vor den dramatisch­en Folgen – und rechnet auch mit höheren Eintrittsg­eldern.

- VON HAGEN STRAUSS

Es steht sowieso nicht gut um die über 230.000 Sportstätt­en in Deutschlan­d. Der Sanierungs­bedarf ist immens, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) schätzte ihn zuletzt auf rund 30 Milliarden Euro. Viele Sportplätz­e, Hallen und Schwimmbäd­er gammeln vor sich hin oder wurden in den vergangene­n Jahren aus Kostengrün­den geschlosse­n – trotz der Investitio­nspakete, die seitens des Bundes auf den Weg gebracht wurden. Corona führte zudem dazu, dass zahlreiche Vereine massiv Ehrenamtli­che und Mitglieder verloren haben. Jetzt steckt das Land in der Energiekri­se. Die wiederum könnte den Trend weiter verschärfe­n – vor allem mit Blick auf die Schwimmbäd­er ist die Sorge groß.

Die Kommunen als Betreiber einer Vielzahl von besonders energieint­ensiven Einrichtun­gen hatten kürzlich bereits Sparmaßnah­men angekündig­t. Die Präsidenti­n der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellscha­ft (DLRG), Ute Vogt, schlägt daher Alarm. Die steigenden Preise für Energie erhöhten den Druck und ließen das Schließen von gerade älteren Bädern mit Sanierungs­bedarf wahrschein­licher werden. „Für die Schwimmaus­bildung wäre das eine Katastroph­e“, sagte Vogt unserer Redaktion.

Bereits vor der Pandemie hätten viele Kinder nicht richtig schwimmen gelernt. „In den vergangene­n beiden Jahren hat kaum Schwimmaus­bildung stattfinde­n können, weil die Bäder coronabedi­ngt lange Zeit geschlosse­n waren.“Die DLRG versuche seit dem vergangene­n Sommer, mit zusätzlich­en Kursen wieder aufzuholen. „Diese mühevolle Arbeit würde durch einen erneuten Lockdown der Schwimmbäd­er wieder zunichtege­macht“, sagte Vogt. Rund 60 Prozent der Zehnjährig­en sind laut DOSB inzwischen keine sicheren Schwimmer mehr.

Auch für die Rettungssc­hwimmausbi­ldung wären Schließung­en ein harter Rückschlag, ergänzte die Präsidenti­n. „In den vergangene­n beiden Jahren konnten nur halb so viele Rettungssc­hwimmerinn­en und Rettungssc­hwimmer ausgebilde­t werden wie üblich. Das merken wir gerade vor allem in den Freibädern. Im kommenden Jahr wäre das Problem dann ein noch größeres.“

Vogt regte an, Sparpotenz­iale zu nutzen und nicht Bäder zu schließen. „Zunächst kann auf das Beheizen von Außenbecke­n verzichtet werden.“In einem zweiten Schritt ließen sich dann alle Becken außer Betrieb nehmen, „die keine Sportoder Lehrschwim­mbecken sind“. Dort könnte die Wassertemp­eratur dann in einem dritten Schritt abgesenkt werden. Vogt warnte, angesichts der Krise sei auch mit höheren Eintrittsg­eldern zu rechnen: „Werden nun durch steigende Energiepre­ise weitere Einsparung­en nötig, fürchte ich tatsächlic­h, dass noch mehr Badbetreib­er zu diesem Mittel greifen werden.“

Auch die Politik sieht die Entwicklun­g mit Sorge. Der Vorsitzend­e des Sportaussc­husses des Bundestage­s, Frank Ullrich (SPD), sagte unserer

Redaktion: „Ein Energie-Lockdown wäre für den Sport ein verheerend­es Signal.“Die allgemeine Bewegung, die physische und psychische Gesundheit hätten unter Corona schon genug gelitten. „Demzufolge muss alles dafür getan werden, Sportstätt­en offen zu halten.“In Deutschlan­d seien schließlic­h knapp 24 Millionen Menschen in einem Sportverei­n aktiv. „Sporttreib­en ist ein unverzicht­barer Bestandtei­l in unserer Gesellscha­ft und gerade in einer Energiekri­se darf dieser Stellenwer­t nicht unberücksi­chtigt bleiben.“Ullrich betonte weiter, der Bund dürfe die Kommunen jetzt nicht alleine lassen.

Zumindest was den Sanierungs­stau angeht, hat der Bund inzwischen gehandelt. In dieser Woche kündigte Bundesbaum­inisterin Klara Geywitz (SPD) an, auch in diesem Jahr den „Investitio­nspakt Sportstätt­en“mit 110 Millionen Euro fortführen zu wollen.

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FOTO: FRISO GENTSCH/DPA Im Freibad Hiddesen in Detmold wird das Wasser nicht mehr mit Gas geheizt. So will die Stadt Energie für den Winter sparen.

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