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NRW verneigt sich vor Michael Schumacher
Die Formel-1-Legende erhält den Staatspreis des Landes. Seit seinem Skiunfall 2013 nehmen nicht nur Fans großen Anteil an seinem Schicksal. Bei der Ehrung wird er von seiner Frau und seiner Tochter vertreten.
KÖLN Sportlich hat der ehemalige Rennfahrer Michael Schumacher als Rekordweltmeister der Formel 1 alles erreicht. Zweimal wurde er mit Benetton Weltmeister, fünfmal mit dem traditionsreichen italienischen Rennstall Ferrari. In Italien und Deutschland ist er eine Legende. Bis heute verehren nicht nur Motorsportfans den Kerpener, der seit seinem Skiunfall im Jahr 2013 nicht mehr in der Öffentlichkeit auftaucht. Nun hat das Land Nordrhein-Westfalen ihn mit dem Staatspreis ausgezeichnet, dem höchsten Preis des Landes. Ministerpräsident Hendrik Wüst überreichte die Urkunde am Mittwoch Schumachers Frau Corinna und seiner Tochter Gina bei einer feierlichen Ehrung. Sohn Mick, ebenfalls Formel-1-Fahrer, fehlte bei der Verleihung.
Michael Schumacher nimmt seit seinem Unfall keine öffentlichen Termine mehr wahr. Seine Familie legt großen Wert auf die Privatsphäre, wie es Schumacher schon zu seiner Zeit als Formel-1-Fahrer getan und seine Kinder aus der Öffentlichkeit gehalten hat. Über seinen Gesundheitszustand ist nur wenig bekannt, und so gab es auch am Mittwoch keine Hinweise darauf, wie es Schumacher aktuell geht. Seine Familie vertrat ihn bei der Ehrung, auch Vater Rolf war nach Köln gekommen.
Bei der Würdigung ging es vor allem darum, sein sportliches und soziales Lebenswerk zu feiern. Und so hielt auch Jean Todt, Schumachers einstiger Teamchef bei Ferrari und langjähriger Wegbegleiter, eine bewegende Laudatio. Zusammen mit Todt, der Schumacher 1996 zu Ferrari holte, gewann der Kerpener fünf seiner sieben WM-Titel. Auch nach Schumachers Skiunfall gehört Todt zu den engsten Freunden der Familie. Diese enge Verbindung war ihm bei der Verleihung des Staatspreises deutlich anzumerken.
Auf dem Roten Teppich in der Motorworld in Köln, in der unter anderem Schumachers Rennwagen, mit denen er Weltmeister wurde, Anzüge und andere Erinnerungen an seine Rennfahrerkarriere ausgestellt sind, gaben sich neben NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst und der stellvertretenden Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) auch Vertreter von Sportverbänden, sozialen Organisationen und aus dem Motorsport die Ehre. Auch Kai Ebel, als Formel-1-Reporter bei RTL über
Jahre Weggefährte Schumachers, und TV-Gesicht Horst Lichter kamen, um Schumacher zu würdigen. Dass der Staatspreis Schumacher dort verliehen werde, wo quasi sein Rennfahrerleben ausgestellt ist, wo er herkommt, sei wie eine Zeitreise in die alten gemeinsamen Zeiten, sagte Ebel. Die Motorworld bot tatsächlich den passenden Rahmen für die Verleihung und ließ Schumacher ein Stück weit gegenwärtig werden. Ein großes Foto von ihm prangte hinter der Bühne.
„Michael Schumacher hat den Motorsport geprägt wie kein Zweiter vor und nach ihm. Und er hat die Begeisterung der Deutschen für diesen Sport entfacht: Kerpen, Monza, Spa – bis heute klingen diese Orte nach. Ein ganzes Land sah FerrariRot. Michael Schumacher hat Millionen
Menschen fasziniert – weil er für Leidenschaft steht, für Teamgeist, für Höchstleistung im Zusammenspiel von Mensch und Technik. Und weil er als Mensch, als Persönlichkeit überzeugt hat – weil man sich mit ihm identifizieren kann“, sagte Wüst.
Schumacher habe immer auch die im Blick gehabt, denen es nicht gut gehe, sagte der Ministerpräsident und zählte die Zehn-Millionen-Dollar-Spende für die Tsunami-Opfer in Südostasien oder seinen Einsatz nach dem Elbhochwasser auf. Nur zwei Bereiche, bei denen sich Schumacher neben seiner Rolle als Unesco-Sonderbotschafter für Kinder in Not engagierte.
Und dann sprach Wüst auch Schumachers Verbundenheit zu seiner Heimat Kerpen und NRW an: „Durch ihn hielt auch Kölsches Liedgut Einzug in den internationalen Rennzirkus. Er stimmte nach Siegen auch schon mal Stücke von den Höhnern oder Brings in der Box an“, sagte Wüst. Er selbst sei in der Ära Schumacher groß geworden: „Auch bei Familie Wüst lief am Sonntag Formel 1 und es wurde auf der Couch mit dem Vater oder Freunden mit Schumi gefiebert“, erzählte der Ministerpräsident. „Keep fighting, lieber Michael Schumacher“, endete Wüst seine Ansprache, und es erklang „Kölsche Jung“von Brings, bevor dann Jean Todt die Laudatio auf seinen Freund begann.
Der einstige Ferrari-Teamchef berichtete vom ersten Aufeinandertreffen in einem Hotel in Monaco, wie er Schumacher überzeugte, zu Ferrari zu kommen. Er erzählte von den schwierigen Anfangsjahren, als die Mission WM-Titel immer wieder scheiterte, von Schumachers Detailversessenheit, seinem Einsatz für das Team. „Wir alle ließen uns von Michael mitreißen. Michael liebte es, im Team zu arbeiten, und das Team liebte es, für ihn zu arbeiten. Er verstand sich als Teamplayer, in Wirklichkeit war er eher ein TeamLeader. Eine Führungsfigur mit einer natürlichen Autorität“, lobte Todt seinen Freund.
Durch seine Siege und Erfolge sei Schumacher aus einfachen Verhältnissen aufgestiegen zu einem wahren Weltenbürger, der mit Menschen aus vielen verschiedenen Kulturkreisen eng zusammenarbeitete. „Aber er vergaß nie, wo seine Wurzeln lagen, und er hat die Bodenhaftung nie verloren“, sagte Todt. Und dann sprach er doch noch indirekt die Gesundheit seines Freundes an: „Leider kann er nicht selbst hier sein. Lassen Sie uns Michael mit unserer Liebe unterstützen“, sagte Todt. Die schickten ihm die Gäste daraufhin, die sich applaudierend für Schumacher erhoben, als Corinna und Gina Schumacher die Urkunde in Empfang nahmen.