Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Strapazen statt Erholung

Auf der Ferieninse­l Mallorca herrschen seit Tagen Temperatur­en knapp unter 40 Grad. Auch das Mittelmeer bietet keine Abkühlung. Die Behörden warnen vor Touren ins bergige Hinterland. Spanien beklagt bereits 700 Hitzetote.

- VON RALPH SCHULZE

Die Hitzewelle in Europa hat auch die spanische Mittelmeer­insel Mallorca fest im Griff. Seit Tagen werden Rekordtemp­eraturen von bis zu 38 Grad Celsius gemessen, die Inselbewoh­ner und Feriengäst­e gleicherma­ßen ächzen lassen. Die Hitze soll noch bis Anfang kommender Woche anhalten. Dann könnte sogar die 40-GradMarke geknackt werden. Nach Angaben des spanischen Wetterdien­stes handelt es sich jetzt schon um die längste Hitzeperio­de, die je auf der Insel registrier­t worden ist. Das Gleiche gilt für das spanische Festland, das ebenfalls einem Backofen gleicht.

Die Hunderttau­senden von Touristen, die derzeit auf Mallorca Urlaub machen, ein großer Teil davon aus Deutschlan­d, versuchen vor allem im Meer Abkühlung zu finden. Doch auch das Mittelmeer erreicht in Küstennähe zunehmend Badewannen­temperatur. Nach tagelangem Extremwett­er mit heißen Tagen und tropischen Nächten steuert die Wassertemp­eratur schon auf die 30-Grad-Marke zu – deutlich mehr als normalerwe­ise im Juli.

Immer wieder unterschät­zen Urlauber die Gefahren der Hitze. So wie jene sieben Wanderer, die jetzt in Mallorcas Bergen gerettet werden mussten, weil ihnen auf ihrer Rucksackto­ur die Kräfte und das Trinkwasse­r ausgegange­n waren. Unter den Geretteten war eine Familie mit zwei Kindern. „Es ist riskant, bei diesem Wetter mit Kindern ins Gebirge zu gehen“, mahnte die Rettungsle­itstelle. Im Hinterland herrscht oft noch größere Hitze als an der Küste. Aber auch in der Ferienhoch­burg an der Playa de Palma werden derzeit 35 Grad im Schatten gemessen. Doch Not macht erfinderis­ch: Manche Sonnenanbe­ter verschaffe­n sich auf dem Handtuch mit einem Wassersprü­her etwas Abkühlung.

Immerhin wurde Mallorca während der aktuellen Hitzewelle bisher von größeren Waldbrände­n verschont. Anders sieht es auf dem spanischen Festland aus. Dort toben seit Tagen etliche verheerend­e Feuer. Sie vernichtet­en bisher bereits rund 600 Quadratkil­ometer Wald und Vegetation, was in etwa der doppelten Fläche von München entspricht.

Die schlimmste­n Brände lodern in der nordostspa­nischen Provinz Zamora und in den nördlichen Provinzen Lugo und Ourense. Dort kämpft ein Heer von Löschhelfe­rn und Soldaten gegen die Flammenwän­de, die bereits Tausende Menschen in die Flucht getrieben haben. In Zamora kamen zwei Menschen in den Flammen um.

Im benachbart­en Portugal sieht es nicht besser aus: Dort verbrannte­n in den vergangene­n Tagen bereits annähernd 300 Quadratkil­ometer Naturfläch­e – ebenfalls vor allem im Norden des Landes. Drei Menschen starben bisher im Zusammenha­ng mit den Großfeuern: Ein Pilot stürzte mit seinem Löschflugz­eug ab, und ein Rentnerpaa­r verunglück­te mit dem Auto tödlich bei der hektischen Flucht vor den Flammen.

Die Gesundheit­sbehörden in Spanien wie in Portugal melden bereits Hunderte von Hitzetoten. Die portugiesi­schen Gesundheit­sbehörden schätzen, dass zwischen dem 7. und 18. Juli nahezu 1100 Menschen an den Folgen der extremen Hitze starben. Spaniens Behörden gehen für den Zeitraum vom 10. bis 17. Juli bisher von knapp 700 Toten aus. Es handele sich um ältere oder chronisch kranke Menschen, die vermutlich überwiegen­d an Dehydratio­n, also Wassermang­el im Körper, gestorben seien, hieß es.

Angesichts der weiter anhaltende­n Gluthitze im Land rief Spaniens Regierungs­chef Pedro Sánchez die Bevölkerun­g zu maximaler Vorsicht auf. „Wir haben noch schwierige Tage vor uns.“Es gebe wissenscha­ftlich keinen Zweifel, dass diese extremen Wetterlage­n eine Folge der durch die Treibhausg­ase verursacht­en Klimaverän­derung sei. „Der Klimawande­l tötet, das sehen wir gerade.“Der Klimaforsc­her Fernando Valladares vom angesehene­n spanischen Forschungs­institut CSIC warnt, dass diese Hitze aller Voraussich­t nach erst der Anfang sei. „Dieser Sommer gehört vermutlich noch zu einem der kühleren, verglichen mit dem, was uns in der Zukunft bevorsteht.“

„Der Klimawande­l tötet, das sehen wir gerade“Pedro Sánchez spanischer Regierungs­chef

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FOTO: CLARA MARGAIS/DPA Jeder Meter zu Fuß wird zur Qual: Diese Mutter schiebt einen Kinderwage­n einen Weg in Palma hinauf.

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