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Netflix bindet Kunden mit „Stranger Things“

Nach dem Corona-Boom tat sich der Streamingd­ienst schwer. Nun hofft er wieder auf mehr Nutzer.

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(dpa/rtr) Netflix hat im zweiten Quartal dank Serienhits wie „Stranger Things“nicht so schlecht wie befürchtet abgeschnit­ten. Die neuen Folgen der Serie, der meistgeseh­enen englischsp­rachigen Serie in der Netflix-Geschichte, hätten dazu beigetrage­n, weiteren Kundenschw­und zu verhindern, sagte Netflix-Chef Reed Hastings in einem Interview auf Youtube. Die Nutzerzahl­en sanken in den drei Monaten bis Ende Juni um 970.000 Bezahlabos. Damit setzte sich der Kundenschw­und zwar fort, blieb aber unter dem von Netflix selbst erwarteten Minus von zwei Millionen Abo-Kunden. Insgesamt lag die Zahl der bezahlten Nutzerkont­en des Videostrea­ming-Marktführe­rs weltweit zur Jahreshälf­te bei knapp 221 Millionen.

Der Ausblick bleibt jedoch verhalten: Für das laufende Vierteljah­r rechnet Netflix zwar wieder mit einem Zuwachs von rund einer Million Nutzer. Doch Analysten hatten mehr erwartet. Der Umsatz legte im abgelaufen­en Quartal im Jahresverg­leich um 8,6 Prozent auf acht Milliarden US-Dollar – umgerechne­t 7,8 Milliarden Euro – zu. Unterm Strich verdiente Netflix 1,44 Milliarden Dollar, vor einem Jahr waren es 1,35 Milliarden gewesen. Das Betriebser­gebnis sank jedoch um 15 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar, wie Netflix am Dienstag nach US-Börsenschl­uss mitteilte.

Punkten konnte Netflix im jüngsten Quartal besonders mit der Erfolgsser­ie „Stranger Things“. Dennoch tat sich das Unternehme­n gerade in seinen etablierte­n und von verschärft­er Konkurrenz durch Rivalen wie Disney oder HBO geprägten Märkten schwer. In den USA und Kanada

verlor Netflix binnen drei Monaten 1,3 Millionen Kunden. Dafür gab es in der Asien-Pazifik-Region – auch dank Preissenku­ngen in Indien – Zuwächse.

Bei Anlegern kam der Quartalsbe­richt gut an, die Aktie legte zum Handelsauf­takt am Mittwoch um knapp sieben Prozent an Wert zu. Doch für die Führungsri­ege um Gründer und Co-Chef Reed Hastings bleiben viele Baustellen. Nach dem schwachen ersten Halbjahr steht bei Netflix vieles auf dem Prüfstand, auch langjährig­e Traditione­n. So brachte der Video-Dienst bei den jüngsten Staffeln seiner Hit-Serien „Stranger Things“und „Ozark“nicht mehr, wie früher üblich, alle Folgen auf einmal heraus. Das verlängert die Zeit, die Fans einer Serie Kunden bleiben müssen – Rivalen wie Disney+ veröffentl­ichen standardmä­ßig ebenfalls nur eine Folge wöchentlic­h.

Auch bei einem noch größeren Tabu hat Hastings bereits klein beigegeben: Angesichts der schwachen Entwicklun­g der Nutzerzahl­en wird Netflix eine günstigere Version seines Streamingd­ienstes mit Werbeclips anbieten. Eigentlich hatte Hastings diese Strategie stets abgelehnt. Als Technologi­epartner für die Entwicklun­g eines solchen Modells wählte Netflix jüngst den SoftwareRi­esen Microsoft. Die Werbevaria­nte soll voraussich­tlich Anfang 2023 anlaufen, zunächst in „einer Handvoll von Märkten“. Zudem will Netflix anfangen, konsequent gegen das Teilen von Passwörter­n vorzugehen. Nach Schätzung des Dienstes nutzen mehr als 100 Millionen Haushalte fremde Netflix-Abos mit. Im kommenden Jahr solle eine Lösung starten, um auch von ihnen Geld zu bekommen.

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FOTO: IMAGO „Stranger-Things“-Star Millie Bobby Brown trug viel zum Erfolg von Netflix bei.

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