Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Handelskammer plant mit Migranten
Um Fachkräfte zu werben, soll der Zuzug aus Nicht-EU-Ländern vereinfacht werden.
(dpa/rtr) Wirtschaftsverbände haben am Mittwoch Reformen gefordert, damit angesichts des Fachkräftemangels mehr Einwanderer schneller nach Deutschland kommen können. Ohne Zuwanderung aus dem Ausland werde Deutschland den Fachkräftemangel nicht bewältigen können, erklärte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger forderte mehr Effizienz in der Arbeitsmigration. Achim Dercks, stellvertretender DIHK-Hauptgeschäftsführer, sagte, laut einer Umfrage sei mehr als jedes zweite Unternehmen vom Fachkräftemangel betroffen: „Für viele Betriebe könnte die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland ein wichtiger Baustein sein, um die Engpässe abzumildern.“
Der DIHK legte Vorschläge zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vor, das seit März 2020 den Zuzug qualifizierter Menschen aus Drittstaaten erleichtern soll. Verfahren müssten beschleunigt werden, so der DIHK. „Das fängt an beim Visumprozess, bei dem Unterlagen rund um den Globus geschickt werden, und hört auf bei Behördenmitarbeitern, die komplexe Regelungen
nicht immer einheitlich und transparent umsetzen.“
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände erklärte, es seien Investitionen in Bildung und Weiterbildung nötig und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Abschlagsfreie Frühverrentungen müssen wir beenden – und auch über eine Dynamisierung der Lebensarbeitszeit reden.“Das Interesse an einer dualen Berufsausbildung müsse wieder geweckt werden. Auch Digitalisierung und Automatisierung böten Chancen. Aber all das werde nicht reichen. „Ohne Erwerbszuwanderung kann Deutschland seine Wirtschaftskraft nicht halten – geschweige denn Dekarbonisierung und Strukturwandel umsetzen.“
Die Arbeitgeber forderten an zehn Stellschrauben Änderungen, um die Erwerbszuwanderung nach Deutschland deutlich verbessern zu können. So müssten etwa Verwaltungsverfahren vereinfacht, digitalisiert, beschleunigt und damit planbar für Arbeitgeber und ausländische Arbeitskraft ausgestaltet werden. „Die langen
Wartezeiten bei der Vergabe von Visaterminen müssen ein Ende haben.“Die Sprachförderung im Inund Ausland müsse ausgebaut werden.
Die Bundesregierung hatte angekündigt, Tausenden von Ausländern, die seit Jahren ohne gesicherten Aufenthaltstitel in Deutschland leben, eine langfristige Bleibeperspektive zu eröffnen. Im Koalitionsvertrag ist unter anderem die Einführung einer „Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems“für die Arbeitsmigration vereinbart.
„Wir wollen, dass ausländische Fachkräfte leichter und schneller den Weg nach Deutschland finden“, erklärten Innenministerin Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) im „Handelsblatt“vom Mittwoch. Jetzt schnell und mit Blick in die Zukunft zu handeln, sei entscheidend zur Sicherung von Wohlstand und Lebensqualität. In Koalitionskreisen hieß es jüngst, voraussichtlich im September solle das Kabinett Eckpunkte für eine Reform des Zuwanderungsrechts auf den Weg bringen. Die Minister kündigten an, den Arbeitsmarkt auch für Fachkräfte zu öffnen, die einen Arbeitsvertrag, aber noch keinen hierzulande anerkannten Abschluss haben. Diesen könnten sie dann mithilfe des deutschen Arbeitgebers nachholen.