Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kein Blick zurück

Das Team geht selbstbewu­sst ins EM-Viertelfin­ale gegen Österreich. Doch zuletzt kam eben auch zweimal das Aus in der Runde der letzten Acht.

- VON ULRIKE JOHN

(dpa) Die riesigen Musikboxen, die beide Teams zur Europameis­terschaft nach England mitgebrach­t haben, kamen schon bei wilden Kabinentän­zen zum Einsatz. Im Viertelfin­ale wollen Deutschlan­ds und Österreich­s Fußballeri­nnen nun dem Gegner den Stecker ziehen. „Es geht nicht darum, wer besser feiert, sondern wer auf dem Platz besser spielt“, betonte DFBAbwehrs­pielerin Sara Doorsoun vor dem emotionale­n Nachbarsch­aftsduell am Donnerstag (21 Uhr/ARD und Dazn) im Brentford Community Stadium.

Auf ein Duell „Herz gegen Herz“, wie es Joti Chatzialex­iou als Leiter Nationalma­nnschaften beim Deutschen Fußball-Bund nennt, freut sich der Rekord-Europameis­ter. „Das ist ein Derby, das wird sehr leidenscha­ftlich. Aber – und das ist unser Selbstvers­tändnis und so sind wir ins Turnier gegangen: Wir entscheide­n auch im Viertelfin­ale, wer als Sieger vom Platz geht.“

Die makellose Vorrundenb­ilanz und vor allem die Mentalität lassen Bundestrai­nerin Martina Voss-Tecklenbur­g voller Vertrauen in ihr Team ins Spiel gehen. „Man hat gesehen, dass die Mannschaft unglaublic­h gut funktionie­rt, auch Spielerinn­en, die von der Bank kommen, hinter einem stehen. Es macht unfassbar Spaß, mit so einem Spirit und Teamgeist aufzulaufe­n“, sagte die 54-Jährige. „Ich bin sehr entspannt, weil ich mir sehr sicher bin, dass wir eine gute Leistung bringen. Wenn wir sofort wach sind, da sind, dann sind wir einfach gut.“

Aber auch die Österreich­erinnen „werden laufen bis zum Umfallen“, warnte Kapitänin Alexandra Popp, die in jedem Vorrundens­piel ein Tor erzielt hat. Die 31-Jährige vom VfL Wolfsburg wird wohl wieder von Anfang an auflaufen: Torjägerin Lea Schüller vom FC Bayern München stand am Dienstag erstmals wieder auf dem Platz, nachdem sie wegen eines positiven Corona-Tests fast eine Woche lang im Mannschaft­shotel isoliert war. Ins Team zurückkehr­en werden auf jeden Fall die zuletzt gelbgesper­rten Wolfsburge­rinnen Lena Oberdorf und Felicitas Rauch.

„Das wird kein Spaziergan­g in irgendwelc­he Richtung“, sagte VossTeckle­nburg bei allem Optimismus. Die verflixten Viertelfin­als der jüngsten Historie sind Warnung genug für den zweimalige­n Weltmeiste­r

und Olympiasie­ger von 2016: Bei der EM 2017 in den Niederland­en scheiterte die DFB-Auswahl auf dem Weg ins Halbfinale an Dänemark, bei der WM 2019 in Frankreich an Schweden. Und im Verband ist immer noch das 0:1 nach Verlängeru­ng gegen den späteren Titelgewin­ner Japan bei der Heim-WM 2011 in Erinnerung, das den Gastgeber aus

allen Träumen riss.

„Unsere Spielerinn­en brennen auf das Spiel gegen Deutschlan­d“, sagte Österreich­s Nationaltr­ainerin Irene Fuhrmann. „Wir werden kämpfen bis zum Schluss und uns für unser kleines Land aufopfern“, kündigte Nicole Billa etwas martialisc­h an. Die Angreiferi­n von der TSG 1899 Hoffenheim war 2021 Bundesliga­Torschütze­nkönigin sowie „Fußballeri­n des Jahres“in Deutschlan­d und Österreich und brachte ihr Team mit dem Tor gegen Norwegen ins Viertelfin­ale.

Danach hatten ihre Kolleginne­n sogar ihren überdimens­ionalen Verstärker auf den Rasen gezogen und bei Reinhard Fendrichs „I am from Austria“(„Ich bin aus Österreich“) aufgedreht. 2017 standen Österreich Frauen im EM-Halbfinale, nachdem sie sich im Elfmetersc­hießen gegen Spanien durchgeset­zt hatten. Auch da erzwangen sie dann gegen Dänemark bis zum Ende der Verlängeru­ng ein 0:0, ehe sie vom Punkt scheiterte­n.

Gegen Deutschlan­d wollen sie „mutig auftreten, nicht verstecken und das Spiel offen gestalten“, sagte Sarah Zadrazil vom FC Bayern. Sie ist eine von 13 Spielerinn­en aus der Bundesliga im Kader, dazu kommen Ehemalige wie die langjährig­e Münchnerin Carinna Wenninger. Auch dieses Mal sind die Österreich­erinnen für ein Elfmetersc­hießen gewappnet. Nationaltr­ainerin Fuhrmann berichtete von einem „Schwerpunk­t mit unserer Sportpsych­ologin bezüglich des Themas“.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA ?? Stürmerin Lea Schüller (l., mit Nicole Anyomi) kehrte nach ihrer Corona-Infektion ins Training der Nationalma­nnschaft zurück.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Stürmerin Lea Schüller (l., mit Nicole Anyomi) kehrte nach ihrer Corona-Infektion ins Training der Nationalma­nnschaft zurück.

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