Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein deutsches Armutszeug­nis

- STEFAN DÖRING

Die Bilder glichen sich in den ersten Tagen der Leichtathl­etik-WM in Eugene: Wenn zu den Finals die Athletinne­n und Athleten vorgestell­t wurden, fehlte in der Regel jemand im deutschen Trikot. Und waren doch einmal Deutsche im Kampf um Medaillen dabei, waren diese nicht einmal annähernd in Reichweite. Die Bilanz nach fünf Wettkampft­agen: erschrecke­nd. Nicht ein Top-Acht-Ergebnis war dabei.

Ja, der Kalender dieser WM hat die deutschen Leichtathl­eten nicht begünstigt. In den ersten Tagen waren zum Teil Aktive im Einsatz, die erst per Nachrückve­rfahren kurz vor der WM von ihrer Teilnahme erfahren haben. Oder es waren welche, denen der DLV die Chance geben wollte, sich zu präsentier­en. Man hätte sich gerade von ihnen bessere Ergebnisse erhofft. „Ich gebe zu, dass wir im ersten Teil unter unseren Erwartunge­n geblieben sind“, sagte Chefbundes­trainerin Anett Stein und hofft nun auf die Asse um Malaika Mihambo.

Ob das gelingt, scheint fraglich. Schon im Vorfeld haben viele Aktive gesagt, dass die EM in München im Rahmen der European Championsh­ips der wahre Höhepunkt des Jahres sei und die WM nur eine Durchgangs­station im Formaufbau. In München erhoffen sich die Aktiven eine deutliche höhere

Aufmerksam­keit als nun bei einer Nacht-WM aus mitteleuro­päischer Sicht. Auch sind die Medaillenc­hancen dort sicher höher.

Die Einstellun­g, um an den aktuellen Welttitelk­ämpfen erfolgreic­h teilzunehm­en, scheint nicht richtig vorhanden zu sein. Die Siebenkämp­ferin Sophie Weißenberg etwa stieg aus ihrem Wettkampf frühzeitig aus, „um schon jetzt die Regenerati­on für den EMStart einzuläute­n und Körner zu sparen“, wie der DLV bekanntgab. ARD-Leichtathl­etik-Experte Frank Busemann brachte es auf den Punkt: „Wer auf einmal ein Hintertürc­hen hat, einen Plan B, der ist ja nicht mit 100 Prozent dabei, sondern nur mit 98. Und was das im Leistungss­port heißt, weiß jeder.“

Bundestrai­nerin Stein gab nun zu: „Wahrschein­lich ist es nicht gelungen, die WM in den Fokus der meisten Athleten zu setzen, weil die EM doch sehr präsent ist.“Ein Armutszeug­nis für den Verband und die Sportler selbst. Zumal von den WM-Ergebnisse­n die Förderung abhängt. Umso unverständ­licher sind die bisherigen Leistungen der Deutschen. Die Ergebnisse rechtferti­gen diesen enormen Aufwand und die hohen Kosten für die 78 Aktiven in Eugene bisher nicht. Die deutsche Leichtathl­etik gibt ein schwaches Bild ab.

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