Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Erfolg durch Identifikation der Mitarbeiter
Traditionsreiche Betriebe in Remscheid sehen sich aber zunehmend mit dem Fachkräftemangel konfrontiert.
Das industrielle Herz Remscheids, es schlägt im Süden. Begonnen hatte die Industrialisierung der heutigen Werkzeugstadt einst entlang der Wasserläufe, doch mit dem Aufkommen der Dampfkraft zog es Mitte des 19. Jahrhunderts viele Fabriken in „höhere Zonen“, wie es Erwin Stursberg in seinem Standardwerk „Remscheid und seine Gemeinden“beschreibt: „Die meisten suchten die Nähe der Eisenbahn.“Heute ist der Südbezirk flächenmäßig der kleinste der Remscheider Bezirke – hat aber einige der wichtigsten und größten Arbeitgeber der Stadt zu bieten.
Vorneweg wäre da natürlich Vaillant zu nennen, im Jahr 1874 in der Seestadt auf dem Berge gegründet. Weit mehr als 3000 Menschen arbeiten allein in Remscheid für den Heiz- und Lüftungstechnikhersteller, weltweit sind es etwa 16.000. Ein anderer klangvoller Name, der gleich mehrfach auf der Karte des Südbezirks auftaucht, ist Mannesmann.
Da, wo einst die Brüder Max und Reinhard Mannesmann das Produktionsverfahren für nahtlose Rohre entwickelten, werden bis heute Stahlrohre produziert – in Nachbarschaft zur A. Mannesmann Maschinenfabrik und zur Brüder Mannesmann Werkzeuge GmbH, die allerdings auf Max’ und Reinhards Großvater Arnold und ihren Bruder Alfred zurückgehen. Seit 2000 gehört das Werk zur Salzgitter AG, unter dem Namen Salzgitter Mannesmann Stainless Tubes Deutschland GmbH entstehen hier besonders belastbare Rohre, die zum Beispiel auf Ölbohrfeldern zum Einsatz kommen.
Industrie, wie man sie sich vorstellt. Große Maschinen machen in noch größeren Hallen aus Stahlrohlingen Rohre, unter Einsatz von Hitze und Druck. Für Patrick Apmann seit mehr als acht Jahren beruflicher Alltag. 2014 heuerte der gelernte Maler und Lackierer über eine Zeitarbeitsfirma bei Mannesmann an, kurze Zeit später wurde er übernommen. „Körperlich ist das angenehmer als meine vorherige Arbeit“, sagt der 32-Jährige. Wo er früher
Material für Trockenbauwände schleppte, sitzt er heute im klimatisierten Bedienstand einer Presse.
Noch deutlich länger ist sein Kollege Björn George dabei. Seit dem Start seiner Ausbildung zum Industriemechaniker arbeitet er im Mannesmann-Röhrenwerk, inzwischen ist der 40-Jährige Vorarbeiter. „Für mich gab es nie eine Alternative“,
sagt er. Wohl auch, weil schon sein Vater beim gleichen Arbeitgeber war. Genau wie sein Bruder und sein Onkel. 250 Menschen arbeiten insgesamt in Remscheid für Mannesmann Röhren, vier Fünftel davon wie Apmann und George in der Produktion.
So sehr sich die Werdegänge der beiden Männer unterscheiden, im Ergebnis sind sie sich einig: Auch wenn es manchmal heiß und laut wird, ihre Jobs sind abwechslungsreich, spannend, gut bezahlt und sicher. Und dank der deutschen Arbeitsschutzvorschriften und moderner Schutzausrüstung
ist das mit dem heiß und laut auch relativ.
Trotzdem sei es schwierig, Menschen für die Arbeit in der Industrie zu begeistern, sagt Personalleiter Frank Meyer. „Und das wird in Zukunft sicher noch schwieriger.“
Gut ausgebildete Fachkräfte könnten sich ihren Arbeitsplatz längst aussuchen. „Und da geht es nicht nur ums Geld.“So springe der eine oder andere Wunschkandidat schon mal ab, weil ein anderer Betrieb einfach näher am Wohnort liege. Nicht nur deswegen habe man sich dazu entschlossen, wieder selber auszubilden, sagt Meyer. Im August starten drei angehende Maschinen- und Anlagenführer sowie ein Industriemechaniker-Azubi. Drei der vier zukünftigen Mannesmänner haben dabei übrigens Verwandte in der Firma.
„Wir haben hier einen gewissen Vorteil gegenüber anderen Regionen“, sagt Geschäftsführer Dr. Florian Thönnessen. „Weil die Menschen hier vom gleichen Schlag sind.“Der Berger wisse, wie Metallindustrie funktioniert. Und was man an ihr hat.
Was man auch an Patrick Apmann und Björn George sieht. „Der Tischler mag sein Holz, ich mag den Stahl“, sagt George zum Beispiel. Zu sehen, was aus ihrer Arbeit wird, sei wichtig, sind sich die beiden einig. „Wenn ein Rohr das Werk verlässt, ist mir das danach nicht egal“, sagt George. „Ich hoffe, dass es ein Leben lang hält.“
„Identifikation“, nennt Dr. Florian Thönnessen diese Einstellung. Und lässt keinen Zweifel daran, wie wichtig dies für den Erfolg des Unternehmens ist. Für so eine traditionsreiche Firma wie Mannesmann zu arbeiten, die so viel zur Industrialisierung beigetragen habe, sei schon etwas besonderes.
„Die Geschichte unserer Firma erfüllt mich immer wieder mit viel Stolz“, sagt Dr. Florian Thönnessen. „Das ist ja nicht irgendein Unternehmen.“
„Wenn ein Rohr das Werk verlässt, ist mir das danach nicht egal. Ich hoffe, dass es ein Leben lang hält.“Björn George Vorarbeiter im Mannesmann-Röhrenwerk