Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Sorry ist das schwierigste Wort
Die Königin hat sich nie für die Verbrechen des Kolonialismus und der Sklaverei entschuldigt. Zu groß war offenbar die Sorge vor Reparationszahlungen.
Nicht alle trauern um die Queen. Während Tausende Menschen die Straßen Londons bei den Prozessionen säumten und stundenlang geduldig anstanden, um Elizabeth II. die letzte Ehre in Westminster Hall zu erweisen, gab es auch Proteste. Einige Republikaner verlangten ein Ende der Monarchie, und Angehörige ethnischer Minderheiten, insbesondere Briten, deren Vorfahren aus den ehemaligen Kolonien kamen, wollen nicht an der Trauer für eine Frau teilnehmen, die sie als Repräsentantin eines einstigen Weltreichs sehen und die nie für die Verbrechen des Kolonialismus, für Sklaverei und Ausbeutung um Entschuldigung gebeten hat.
Denn Elizabeth war schließlich auch, meinte die Journalistin L‘Oréal Blackett, „die Galionsfigur des britischen Empires, das durch Rassismus, Imperialismus und Kolonialismus die Länder in Afrika ausgenutzt und ökonomische und soziale Ungleichheiten geschaffen hat, die bis heute andauern“. Es ist unbestritten, dass das britische Weltreich durch den Sklavenhandel reich geworden ist, und die Royals haben seit Elizabeth I. im 16. Jahrhundert davon auch direkt profitiert. Ihre Nachfahrin Elizabeth II. hat zahlreiche Besuche in Ländern gemacht, die einst zum Empire gehörten. In manchen war sie Staatsoberhaupt. Aber niemals hat sie „Sorry“gesagt, also das englische Wort für Entschuldigung gebraucht.
Und auch keinem anderen Mitglied ihrer Familie war das erlaubt. Prinz William durfte die Vergehen seiner Vorfahren lediglich bedauern. Im Frühjahr machte er mit seiner Ehefrau Kate eine Royal Tour in die Karibik. In Jamaika wurde er in einer Ansprache deutlich. „Ich stimme völlig mit meinem Vater überein, der letztes Jahr in Barbados sagte, dass die schrecklichen Gräueltaten des Sklavenhandels für immer unsere Geschichte beschmutzen.“Er wolle dafür, fuhr William fort, „meine tiefgreifende Trauer ausdrücken. Sklaverei war abscheulich. Es hätte nie passieren dürfen“. Trotzdem vermied er das Wort „Sorry“. Denn das wäre auf eine offizielle Entschuldigung hinausgelaufen und eine öffentliche Übernahme von Verantwortung gewesen. Das aber hätte Reparationszahlungen zur Konsequenz gehabt.
Die afrikanisch-karibische Zeitung „The Voice“hat das schon lange verlangt. „Eine Entschuldigung und Reparationszahlungen für die Versklavung von Afrikanern“, erklärte ein Sprecher, „bleiben eine Schlüsselforderung an alle Institutionen, die darin verwickelt waren oder davon profitiert haben.“Und zu denen gehört halt auch das Königshaus. „Die Königliche Familie war involviert in den Horror des Kolonialismus“, unterstrich Chefredakteur Lester Holloway. „Und alles was wir bekommen haben, sind Statements des persönlichen Bedauerns, und das ist schlechterdings nicht gut genug.“
„Alles was wir bekommen haben, sind Statements des persönlichen Bedauerns“Lester Holloway Chefredakteur von „The Voice“