Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Was man zum neuen Impfstoff wissen muss
Für diesen Dienstag wird die Empfehlung der Stiko zu den angepassten Impfstoffen erwartet. Doch die Nachfrage in den NRW-Praxen ist verhalten.
Die Auslieferung der neuen Impfstoffe gegen das Coronavirus läuft. Für diesen Dienstag wird die Empfehlung der Ständige Impfkommission (Stiko) erwartet. „Die Ärzte und Apotheken in NRW sind vorbereitet, das merken wir an den Bestellungen“, sagt Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein. Die Möglichkeit, den Impfstoff gegen BA.1 zu ordern, habe zu sechsmal mehr Bestellungen geführt als in den Vorwochen. Doch: „Der ganz große Run auf den Impfstoff bleibt aber bisher in Arztpraxen und Apotheken noch aus.“
Wann sind die angepassten Impfstoffe in den Praxen? Die Impfstoffe, die auf die Omikron-Variante BA.1 angepasst sind, werden bereits ausgeliefert. „Der Impfstoff BA.4/5 kann bis zum 20. September bestellt werden und ist bis spätestens Montag in den Praxen. Die verhaltene Nachfrage resultiert auch aus den fehlenden Impfempfehlungen der Stiko“, so Thomas Preis.
Wieso gibt es für die neuen Vakzine kein digitales Zertifikat? Bislang haben Ärzte und Apotheker den Bürgern
nach der Impfung oft direkt das Zertifikat als QR-Code mitgegeben, den sie in der Corona-App hochladen konnten. „Bei einer Impfung mit den Vakzinen BA.1 und BA.4/5 ist das aus technischen Gründen noch nicht möglich. In der IT-Maske sind diese Impfstoffe aufgrund fehlender EU-Spezifikationen derzeit noch nicht eingetragen“, kritisiert Preis. Hier müssten Bürger den manuellen Eintrag aus dem gelben Impfbuch später als Zertifikat nachtragen lassen, etwa in Apotheken.
Wer sollte sich boostern lassen? „Alle, die erst zweimal geimpft sind, sollten sich auf jeden Fall ein drittes Mal impfen lassen, denn erst dann haben sie den vollständigen Impfschutz“, fasst Preis den aktuellen Stand der Empfehlungen zusammen. Bei der Frage des zweiten Boosters differenziert die Stiko nach Alter: Einen zweiten Booster/vierte Impfung empfiehlt sie bislang nur für über 60-Jährige, Immunsupprimierte und Menschen mit besonderen Risiken. „Wer bereits vier
Mal geimpft ist, sollte das individuelle Gespräch mit seinem Arzt oder Apotheker suchen, um die Frage der fünften Impfung zu klären“, so der Apotheker.
Wie sicher sind die angepassten Impfstoffe? Für an BA.1 angepasste Impfstoffe gibt es eine klinische Studie, für an BA.5 angepasste Impfstoffe nur eine Studie an Mäusen. Preis sieht darin kein Problem: „Für den Impfstoff BA.4/5 gibt es keine klinische Studie, doch die Erfahrungen
mit den anderen Vakzinen sind so umfangreich, dass keine weitere Studie nötig ist.“
Gibt es Lieferprobleme in NRW? Nach Berichten unserer Redaktion über Lieferschwierigkeiten beim angepassten Vakzin in Mönchengladbach und Köln hakt der SPDAbgeordnete Rodion Bakum, Gesundheitsexperte seiner Fraktion, nach: „Offenbar gibt es vor Ort große Verwirrung über die Anzahl der bestellten Impfstoffmengen. Gesundheitsminister
Laumann ist jetzt gefordert, Klarheit zu schaffen.“Der Minister müsse dafür sorgen, dass Angebot und Bedarf in den Kommunen nicht auseinanderklafften und die regionale Impfkampagnen erfolgreich verliefen. Bakum hat sich deshalb mit einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung gewandt. Das NRW-Gesundheitsministerium erklärte, in NRW gebe es 5,1 Millionen Menschen über 60. Insgesamt geht man von sechs bis acht Millionen Menschen aus, für die eine zweite Auffrischungsimpfung empfohlen wird. Angesprochen auf die Lieferengpässe verwies das Ministerium darauf, dass die Belieferung ausschließlich vom Bundesgesundheitsministerium gesteuert werde.
Wann ist die Pandemie in NRW zu Ende? Das Land stellt sich darauf ein, noch länger mit der Pandemie zu kämpfen, wie ein am Montag veröffentlichter Evaluationsbericht zum NRW-Infektionsschutzgesetz zeigt: „Die Corona-Pandemie entwickelt sich weiterhin dynamisch“, heißt es dort. Aktuell sei ein neuer Anstieg der Inzidenzen unter der Omikron-Variante BA.5 zu verzeichnen. „Seit Beginn des Jahres dominiert die Omikron-Variante, die auch in NRW insbesondere die Kapazitäten der Normalstationen stark bindet.“Von einer Beendigung der Gesamtsituation auszugehen, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös und entspreche nicht der vorherrschenden Lebenswirklichkeit, auch wenn derzeit nur noch die Basisschutzmaßnahmen angewendet würden, schreibt das Ministerium.