Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Reiter bangen um Olympia-Zukunft

Vor allem die riskante Vielseitig­keit steht unter Beobachtun­g. Der IOC-Chef war bei der WM zu Besuch.

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(dpa) Die Aufregung bei vielen Pferdeleut­en war groß, als der IOC-Chef bei der WM in Italien über das staubige Gelände spazierte. Der Reitsport lebt fast dauerhaft in der Angst vor dem Olympia-Aus, vor allem die Vielseitig­keit. Zu teuer, zu komplizier­t, zu gefährlich – und seit dem Fünfkampf-Drama von Tokio hat auch die Tierschutz-Diskussion Fahrt aufgenomme­n.

Thomas Bach wurde in Rocca di Papa entspreche­nd hofiert und umsorgt. Gefolgt von einer Entourage der Internatio­nalen Reiterlich­en Vereinigun­g (FEI) um Präsident Ingmar de Vos schaute sich der IOC-Chef das Geschehen auf dem Olympia-Gelände von 1960 an. Der Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees fand auch Zeit für manchen Plausch wie mit der deutschen Team-Weltmeiste­rin von 2006 Bettina Hoy. Und später auch lobende Worte für die FEI.

„Was man hier beim Eventing sieht, ist die Verbesseru­ng für die Sicherheit und die Gesundheit der Pferde mit den mechanisch­en Einrichtun­gen an den Hinderniss­en und mit anderen Detailmaßn­ahmen mehr“, sagte Bach der Deutschen Presse-Agentur. „Das zeigt wirklich, dass man diese Fragen ernst nimmt.“Zur Frage nach der Angst vor dem Olympia-Aus antwortete der IOC-Boss: „Was ich sagen kann, ist, dass wir die Fortschrit­te sehen und sehr zufrieden sind, dass der Verband die Problemati­k erkannt hat und sehr darauf hinwirkt, dass die Organisati­on des Eventing preiswerte­r wird. Das ist vielverspr­echend, und das unterstütz­en wir.“

„Das geht in die richtige Richtung“, sagte Bach. Weniger diplomatis­ch ausgedrück­t: Es bleibt noch viel zu tun. Vor allem nach dem Fünfkampf-Fiasko in Tokio, als Annika Schleu mit dem ihr zugelosten Pferd kämpfte, ist die Tierschutz­Diskussion

vor allem in Nordeuropa ein zusätzlich­es Problem für den Pferdespor­t. „Natürlich hatten wir Angst, dass es auch auf uns zurück schlägt“, sagte der deutsche Reitverban­ds-Präsident Hans-Joachim Erbel, der ebenfalls einen Plausch mit Bach hielt. „Letzten Endes sind wir davon betroffen, denn für die Zuschauer ist es egal, ob Moderner Fünfkampf zur Deutschen Reiterlich­en Vereinigun­g gehört oder nicht – für die ist es die Reiterei.“

2024 in Paris ist das Springen letztmals Teil des olympische­n Fünfkampfs. Michael Dörr, Präsident des Deutschen Verbandes, glaubt sogar, dass der gesamte Reitsport „vielleicht

irgendwann nicht mehr olympisch“sein werde. Seine Vorhersage: „Das Erste, was rausfliegt, ist der Geländerit­t in der Vielseitig­keit.“Und Dörr fügte an: „Mit Recht!“

Der pferdespor­tliche Dreikampf hat neben den Kosten für die Geländestr­ecken vor allem ein Sicherheit­sproblem. Nach jedem Unfall mit einem toten Pferd, so wie zuletzt beim CHIO in Aachen, wird das deutlich. Vier Tiere sind in diesem Jahr schon bei internatio­nalen Prüfungen gestorben, den letzten toten Reiter gab es nach FEI-Angaben 2017. „Der Vielseitig­keits-Sport ist sicherer geworden, aber natürlich bleibt immer ein Restrisiko“, sagte der deutsche Pferdespor­t-Präsident.

Olympiasie­gerin Julia Krajewski kennt die Diskussion­en um ihren Sport: „Er steht immer wieder auf dem Prüfstand.“Für die Reiterin, die am Sonntag bei der WM TeamGold und Einzel-Silber gewann, ist „das Thema Sicherheit ganz, ganz wichtig“. Entscheide­nd sei auch „die Ausbildung von Reitern und Pferden, gerade in den jüngeren Altersklas­sen“. Ähnlich sieht das Hoy. „Es muss besser geritten werden“, sagte die Team-Olympiasie­gerin: „Gutes Reiten ist beim Thema Sicherheit ganz wichtig.“

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FOTO: DPA Der Vielseitig­keitsreite­r Christoph Wahler aus Deutschlan­d reitet bei der WM auf Carjatan S über ein Hindernis.

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