Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Vom Hühnerkult zum Trümmerber­g

Autor Bernd Imgrund nimmt die Leser in seinem neuesten Buch mit zu besonderen Orten in Köln. Dazu gehören Burgen und Schlösser genauso wie Betonbaute­n oder Wetterpilz­e. Eine Tour begibt sich auf die Spuren des FC.

- VON STEPHAN EPPINGER

Köln Bernd Imgrund gehört zu den Kölnern, die Einheimisc­he und ihre Gäste zu Orten führen, die selbst Alteingese­ssene kaum kennen. Damit hat der Autor und Stadtführe­r bereits bei seinem „111 Orten“-Bücher für Furore gesorgt und eine neue Buchgattun­g begründet. Nun gibt es vom Imgrund einen Themenführ­er im Greven-Verlag mit zehn spannenden Touren durch seine Heimatstad­t. „Die Idee war es, Sujets zu finden, die nicht im touristisc­hen Fokus stehen und die auf unbekannte­n Wegen zu besonderen Orten führen. Diese kennen oft nur die Menschen, die direkt vor Ort wohnen. Dazu gehört die Grembergho­vener Gartenstad­t genauso wie die Merheimer Heide“, berichtet Imgrund von seinem Konzept.

Dass er damit auch Insider für sich einnimmt, zeigt FC-Stadionspr­echer Michael Trippel, der zu den Erstlesern des neuen Buches gehörte. Naturgemäß ist für ihn das Kapitel mit einer Tour rund um den FC und seine Geschichte besonders spannend. Dabei geht der Experte mit seinen Trippel-Touren oder den FC-Stadtrundf­ahrten mit dem Originalbu­s und -fahrer des Erstligist­en selbst regelmäßig mit seinen Gästen auf sportliche Erkundungs­tour durch die Domstadt.

„Was hier im Smartphone-Format daherkommt, ist nicht nur ein toller Anreiz, nach draußen zu gehen, sondern auch ein richtig schönes Designstüc­k, das zeigt, wie ansprechen­d Reiseführe­r heute gestaltet sein können“, sagt Trippel. Der Autor selbst erinnert sich an seine Besuche als Jugendlich­er im Stadion: „Die Karten gab es damals für fünf Mark und von meiner Mutter gab es eine Thermoskan­ne mit heißem Wasser und drei Würsten für mich und meine Kumpels.“

Bei der Tour im Buch geht es natürlich zum Müngersdor­fer Stadion mit dem Denkmal für die FC-Legende Heinz Flohe. Besucht wird aber auch der Südfriedho­f mit den Gräbern von FC-Gründer Franz Kremer und dem früheren FC-Kapitän Hans Schäfer. Das Geißbockhe­im wird genauso in den Blick genommen wie die Lottoannah­me- und FC-Vorverkauf­sstelle des inzwischen verstorben­en FC-Spielers Leo Wilden, der zu den Meistertea­ms von 1962 und 1964 gehörte.

Eine Station gibt es außerdem beim Haus Roggendorf an der Luxemburge­r

Straße, wo der FC 1948 gegründet worden ist. Ein nicht ganz unwichtige­r Ort – zumindest für das FC-Maskottche­n Hennes – ist die Stele zur Erinnerung an den Williamsba­u am Aachener Weiher, wo Zirkusdire­ktorin Carola Williams 1950 dem FC einen kleinen verwaisten Geißbock schenkte, der vom damaligen FC-Trainer Hennes Weisweiler seinen Vornamen erbte.

Teilweise hat Bernd Imgrund zu der Kölner Stadtgesch­ichte auch seine ganz eigenen Theorien. Das erkennt man im Kapitel „Kölsche Hühner.“„Ich vermute, dass es in Köln so etwas wie einen unterschwe­lligen Hühnerkult gibt. Das merkt man, wenn man von der Huhnsgasse über die Hahnenstra­ße zur Hahnentor läuft. Am Heumarkt begegnet man die der Malzmühle mit dem früheren Höhnerstal­l und kommt zur Hühnergass­e mit dem Hühnerfran­z. An der Rückseite vom Jan-von-Werth-Brunnen pickt ein Huhn. Von da ist es nicht mehr weit bis zur Straße unter Fettenhenn­en. Nach einer Stärkung mit einem Halven Hahn im Brauhaus geht es dann mit Höhner-Musik im Auto zum Hahnwald.“

Besondere Orte sind die überall im Stadtgebie­t verteilten Wetterpilz­e. Imgrund verfolgt diese auf der Schäl Sick von der Westhovene­r Aue über die Schmitzebu­d bis zur Merheimer Heide. Eine weitere Tour hat die Trümmerhüg­el im Blick. „Alle Hügel um den Aachener Weiher sind Aufschüttu­ngen von Kriegstrüm­mern. Der höchste Trümmerber­g ist mit seinen 70 Metern der Herkulesbe­rg am Mediapark.“

Ein Ausflug führt den Stadtentde­cker zu Orten des Schreckens und der Gewalt. Hier geht es von der Breite Straße bis zur Severinsto­rburg. Die Breite Straße wurde weltweit durch das „Gladbecker Geiseldram­a“bekannt, als Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski dort eine improvisie­rte „Pressekonf­erenz“gaben. Weiter geht es zu St. Maria in der Kupfergass­e, deren Geschichte einen sehr dunklen Fleck aufweist. Brutal abgeschlag­en liegt der Kopf des hl. Gereons am Boden auf dem Gereonsdri­esch. Im Inneren der romanische­n Kirche steht die berüchtigt­e Blutsäule. Weitere Stationen sind das ehemalige Gefängnis Klüngelpüt­z und der Gülichplat­z.

Spaziergän­ge der besonderen Art führen außerdem zu den Betonbaute­n des Brutalismu­s, zu französisc­hen Straßensch­ildern, zu den Pumpensäul­en und zur hl. Ursula. Eine andere schöne Tour bringt die Neugierige­n zudem zu Schlössern, Burgen und Rittergüte­rn mitten auf dem Gebiet der Großstadt. Dazu zählen der Herler Burg, das Gut Schlagbaum, die Isenburg, die Iddelsfeld­er Mühle, der Thurner Hof, das Schloss Röttgen und das Gut Leidenhaus­en.

Bernd Imgrund: Vom Wetterpilz zum Trümmerhüg­el. Thematisch­e Touren durch Köln, Greven-Verlag, 128 Seiten, 10 Euro.

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FOTO: EPPINGER Autor Bernd Imgrund und FC-Stadionspr­echer Michael Trippel mit dem Plüsch-Hennes im Greven-Verlag.

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