Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die Welt verneigt sich

- VON JOCHEN WITTMANN

Ein Königreich steht still. Schulen und Supermärkt­e sind geschlosse­n, Kinos machten ebenso dicht wie Büros, Geschäfte, Arztpraxen oder Fabriken. Denn am elften Tag nach ihrem Tod wurde Elizabeth II. beigesetzt. Selbst der Himmel über London blieb still. Der Flughafen Heathrow hatte mehr als 200 Flüge umgeleitet oder gestrichen, damit kein Lärm die Prozession stören konnte, als der Sarg der Queen durch die Straßen Londons geleitet wurde.

Die britische Regierung hatte den Montag zum „Bank Holiday“, zum arbeitsfre­ien Feiertag erklärt, damit das Volk das Staatsbegr­äbnis miterleben konnte. Die BBC und andere Sender sorgten für die Übertragun­g des Staatsbegr­äbnisses. Und weltweit, so schätzt man, verfolgten das Ereignis mehr als vier Milliarden Menschen am Fernseher, mehr als die Hälfte der Weltbevölk­erung.

Die Gästeliste für die Westminste­rabtei, wo Elizabeth geheiratet hatte, wo sie gekrönt wurde und am Montag der zentrale Trauergott­esdienst für sie gefeiert wurde, hatte den zuständige­n Diplomaten des britischen Außenminis­teriums schlaflose Nächte bereitet. In kurzer Zeit mussten Einladunge­n an Würdenträg­er in der ganzen Welt koordinier­t werden, was ein Beamter mit der „Organisati­on von 100 Staatsbesu­chen gleichzeit­ig“verglich. Das größte Problem bereiteten die räumlichen und zeitlichen Beschränku­ngen. Wegen des begrenzten Platzes in der Abtei konnten pro Land nur ein Staatsober­haupt plus einem Partner oder einer Partnerin eingeladen werden. Zudem konnte man den hohen Gästen nicht erlauben, in Limousinen vorzufahre­n, das hätte viel zu lange gedauert. Stattdesse­n brachten luxuriöse Reisebusse den Kaiser von Japan und all die anderen Aristokrat­en und Staatsober­häupter zur Abtei. Eine Ausnahme wurde für den US-Präsidente­n Joe Biden gemacht, der darauf bestanden hatte, in seinem gepanzerte­n Cadillac vorzufahre­n.

Um kurz vor zehn Uhr begann Elizabeths allerletzt­e Reise. Ihr Sarg, der in der Westminste­r Hall vier Tage lang aufgebahrt gewesen war, damit sich dort Hunderttau­sende von ihr verabschie­den konnten, wurde in einer ersten kurzen Prozession zur nahe gelegenen Westminste­r Abbey gebracht. Dort hatten sich rund 2000 Gäste versammelt. Unter ihnen fanden sich neben den hohen Würdenträg­ern und Staatschef­s auch normale Bürgerinne­n und Bürger. Wie zum Beispiel Nancy O‘Neill aus Bradford, die seit 41 Jahren für den Nationalen Gesundheit­sdienst (NHS) arbeitet. Sie wurde eingeladen, weil sie während der Corona-Pandemie ein Covid-Test-Zentrum organisier­t hatte. „Es ist so surreal, in der Abtei zu sein“, sagte sie: „Da werden Leute wie Joe Biden mich anschauen und denken: ‚Was macht diese kleine Frau hier?‘.“Auch Pranav Bhanov ist aufgrund seines Engagement­s während der Pandemie mit dabei. Der 34-jährige Anwalt hatte mehr als 1200 Essen an Bedürftige ausgeliefe­rt. „Für mich ist die Queen wie eine zweite Großmutter“, sagte er, „ich bin so dankbar.“Und Ella Marks wird eine der ganz wenigen Anwesenden sein, die schon die Krönung von König George VI. 1937 mitgemacht haben. Die 88-Jährige aus London erlebte das Spektakel als Dreijährig­e auf den Schultern ihres Vaters. Sie wurde eingeladen, weil sie seit mehr als zwei Jahrzehnte­n ehrenamtli­ch Hörbücher für Blinde aufnimmt.

„Erinnerung und Hoffnung sind heilige Pflichten“, eröffnete der Dekan David Hoyle den Trauergott­esdienst und sagte: „Wir versammeln uns hier, um unseren Verlust

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Die Mitglieder der Königsfami­lie, allen voran König Charles III. und seine Frau Camilla (Bildmitte), folgen nach dem T
 ?? FOTO: PETER BYRNE/DPA ?? Meghan, Herzogin von Sussex , Königsgema­hlin Camilla, Kate, Prinzessin von Wales, Prinz George, Prinzessin Charlotte und Sophie, Gräfin von Wessex, beim Verlassen von Westminste­r Abbey nach dem Staatsakt (von links).
FOTO: PETER BYRNE/DPA Meghan, Herzogin von Sussex , Königsgema­hlin Camilla, Kate, Prinzessin von Wales, Prinz George, Prinzessin Charlotte und Sophie, Gräfin von Wessex, beim Verlassen von Westminste­r Abbey nach dem Staatsakt (von links).
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FOTO: AP/ANDREEA ALEXANDRU Der Sarg von Queen Elizabeth II. wird nach der Zeremonie in Westminste­r Abbey durch die Londoner Innenstadt getragen.
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FOTO: AARON CHOWN/AP Emma, das Pony der Queen, vor dem Schloss Windsor.
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FOTO: JONATHAN BRADY/AP Der Sarg wird in die St. George‘s Chapel gebracht.
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FOTO: H. MCKAY/AP Charles III. erweist seiner Mutter die letzte Ehre. Auf dem Sarg: die königliche Standarte, die Imperial State Crown, Reichsapfe­l und Zepter.
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FOTO: D. LAWSON/AP Blick in die Westminste­r Abbey beim Auszug.
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FOTO: PAUL ELLIS/AP Die Prinzen William (r.) und Harry begleiten die Prozession.
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Der Palast veröffentl­ichte jetzt das letzte offizielle Bild von Queen Elizabeth II.
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FOTO: PAUL ELLIS/AP Viele Briten wollen einen Blick auf die Prozession erhaschen.
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FOTO: LEWIS JOLY/AP/DPA Frauen tragen Kleider mit einem Porträt der Königin.
 ?? FOTO: EGERTON/AP ?? Auf den Straßen trauern die Menschen um die Königin.
FOTO: EGERTON/AP Auf den Straßen trauern die Menschen um die Königin.

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