Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Uniper soll komplett verstaatli­cht werden

Der Düsseldorf­er Versorger braucht Geld. Der Bund will alle Anteile der finnischen Mutter übernehmen und frisches Kapital zuschießen. Der Betriebsra­t ist erleichter­t. Nun aber wackelt die Gasumlage, es gibt Streit in der Regierung.

- VON ANTJE HÖNING UND JANA WOLF

Das Geld zur Rettung des angeschlag­enen Versorgers Uniper reicht nicht. Nun soll der Düsseldorf­er Konzern vom Staat übernommen werden. Das geänderte Stabilisie­rungspaket sehe eine Kapitalerh­öhung von acht Milliarden Euro vor, die ausschließ­lich durch den Bund gezeichnet werde, erklärte Uniper in einer Pflichtmit­teilung. Vor allem aber will der Bund die von Fortum gehaltenen Uniper-Aktien erwerben. Der finnische Konzern besitzt 78 Prozent der Anteile. Die finale Vereinbaru­ng sei noch nicht abgeschlos­sen, so Uniper. Bei dem im Juli geschnürte­n Rettungspa­ket war geplant, dass der Staat nur zu 30 Prozent einsteigt und Fortum Mehrheitsa­ktionär bleibt. Doch seit Russlands Gasliefers­topp sind diese Pläne Makulatur. Das Bundeswirt­schaftsmin­isterium erklärte: „Die Gespräche laufen.“

Uniper muss seit Wochen teuer Gas am Spotmarkt zukaufen, um seine Verpflicht­ungen gegenüber Stadtwerke­n und Industriek­unden erfüllen zu können. Das Unternehme­n verbrennt jeden Tag 100 Millionen Euro und hat die ersten neun Milliarden Euro an KfW-Krediten bereits aufgezehrt. Die Belegschaf­t begrüßt den nahenden Staatseins­tieg: „Wir brauchen den Staat als Hauptaktio­när, um jetzt die Gaskrise zu überstehen und auf Dauer die Energiewen­de zu meistern“, sagte Harald Seegatz, Chef des Konzernbet­riebsrats, unserer Redaktion. „Der Staat wird dabei längerfris­tig bei Uniper gefordert sein, denn der Umstieg Deutschlan­ds von Erdgas auf Wasserstof­f wird ein paar Jahre dauern.“Uniper hat 11.500 Mitarbeite­r, darunter 2400 in Düsseldorf. Diese bangen seit Monaten um die Zukunft ihres Unternehme­ns und sind enttäuscht von Fortum. Die Finnen haben knapp sieben Milliarden Euro für Uniper bezahlt und weitere acht Milliarden an Hilfen gegeben. Nun fordern sie die Hilfen zurück. Auch das erschwert die Verhandlun­gen.

NRW-Wirtschaft­sministeri­n Mona Neubaur (Grüne) betonte: „Noch laufen die Gespräche, doch es sieht so aus, als wolle die Bundesregi­erung Uniper verstaatli­chen, um das Unternehme­n und den Energiemar­kt zu stabilisie­ren. Dann muss der Bund entscheide­n, ob und wie es bei der Gasumlage weitergehe­n soll.“Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) hat nun selbst „finanzverf­assungsrec­htliche

Zweifel“an der von ihm geplanten Umlage, wie er unlängst deutlich machte. Hintergrun­d ist, dass bei Verbrauche­rn einkassier­te Umlagen nicht einfach an Staatskonz­erne ausgeschüt­tet werden dürfen, ohne beihilfere­chtliche Probleme zu bekommen, so Branchenkr­eise. Gaskunden sollen ab Oktober 2,4 Cent je Kilowattst­unde als Umlage zahlen. Die Firmen sollen Ende November das erste Geld erhalten. Für Uniper wäre das zu spät.

Zwölf Unternehme­n haben Ansprüche auf die Umlage angemeldet, insgesamt fordern sie 34 Milliarden Euro. Sollte sie fallen, müsste der Staat ihnen anders helfen, um die Gasversorg­ung zu sichern. Womöglich ist die Schuldenbr­emse im Bundeshaus­halt dann nicht mehr zu halten, die Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) bislang eisern verteidigt. Sein Ministeriu­m erklärte: „Die regierungs­internen Abstimmung­en zum Thema Gasumlage laufen zurzeit.“FDP-Fraktionsc­hef Christian Dürr baut schon mal vor: „Minister Habeck hat die Gasumlage ins Spiel gebracht und ich gehe davon aus, dass er in Kürze Klarheit schaffen wird, auf was sich die Verbrauche­r einstellen müssen.“Nichtstun sei keine Option. „Fest steht aber auch, dass die Steuerzahl­er allein es finanziell nicht stemmen können, die gesamte Gasversorg­ung zu tragen.“Neben Uniper sind vor allem der Versorger VNG und Sefe/Gazprom Germania auf massive Hilfe angewiesen.

Der Energieexp­erte des RWI, Manuel Frondel, fordert, die Umlage rasch zu streichen: „Die Gasumlage sollte in jedem Fall gekippt werden, nicht zuletzt, weil sie einen Wettbewerb­snachteil für deutsche Unternehme­n darstellt. Hohe Gaspreise zahlen momentan alle Unternehme­n in Europa, die Gasumlage würden nur die deutschen Unternehme­n zu zahlen haben.“Es sei sicher im Interesse der Gesellscha­ft, Unternehme­n wie Uniper zu retten. „Aber das sollte mit staatliche­n Mitteln geschehen, nicht mit der Gasumlage.“

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