Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Zu viel des Guten bei ARD und ZDF

- VON MARTIN KESSLER

TV-Direktüber­tragungen sind ein dankbares Feld für Kritiker. Egal ob WM-Eröffnung, Staatsbesu­ch oder Queen-Beerdigung – die Sendezeite­n sind üppig, die Nachrichte­n begrenzt. Also hängt viel vom Geschick der Sprecher und Moderatore­n ab, das Publikum bei der Stange zu halten. Das gelingt nicht immer.

Gerade bei der Berichters­tattung über den Abschied von der britischen Königin mussten sich ARD und ZDF wieder viel Kritik gefallen lassen: Sie hätten ihrem Publikum viel Belanglose­s zugemutet. Darüber hinaus sendeten gleich drei Kanäle parallel über mehrere Stunden. Man hätte, so der Vorwurf, den Aufwand auch auf einen öffentlich-rechtliche­n Anbieter beschränke­n können.

Das ist nicht ganz falsch. Sparsamkei­t im Umgang mit Rundfunkbe­iträgen zählt zum obersten Gebot der Öffentlich-Rechtliche­n. Aber es gibt auch Grenzen der Mediensche­lte. Wenn Bundesfina­nzminister Christian Lindner allen Ernstes ein Einfrieren des Rundfunkbe­itrags fordert, weil ARD und ZDF rund 50 Personen in London im Einsatz hatten, ist der Chef-Liberale über die Kosten von Berichters­tattung nicht korrekt informiert. Die privaten Fernsehsen­der trieben einen ähnlichen Aufwand und waren kaum besser. Es passiert eben einmal in 70 Jahren, dass eine weltbekann­te und allseits verehrte Monarchin stirbt. Und die Quoten zeigen, dass die Menschen an diesem Ereignis live teilhaben wollten – selbst die jüngere Generation.

Man muss also fair bleiben. Das Großereign­is der Queen-Beisetzung gehört zum Programmau­ftrag. Wie bei der Wahlberich­terstattun­g kann es nicht schaden, dass die beiden Sendeansta­lten um die Publikumsg­unst buhlen. Ob die Zahl der Berichters­tatter indes wirklich so hoch sein muss, darf hinterfrag­t werden, zumal die Bilder von der britischen BBC kamen. Und der Auftritt von Phoenix war unnötig.

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