Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Tod junger Frau löst Unruhen im gesamten Iran aus

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(ap/dpa) Nach dem Tod einer 22-jährigen Frau im Polizeigew­ahrsam sind Iranerinne­n und Iraner im ganzen Land auf die Straße gegangen, um Aufklärung zu fordern. Alleine in der Hauptstadt Teheran kamen am Montagaben­d Tausende Menschen zusammen, um den Tod von Mahsa Amini anzuprange­rn. Sicherheit­skräfte nahmen einige Demonstran­ten fest, wie die iranische Nachrichte­nagentur Fars berichtete. Der Gouverneur der Provinz Kurdistan, Esmail Sarei Kuscha, teilte am Dienstag mit, dass bei den Unruhen drei Menschen ums Leben gekommen sind. Kuscha machte für die drei Todesopfer

im Gespräch mit der halbstaatl­ichen Nachrichte­nagentur Fars bewaffnete Gruppen verantwort­lich. Die Opfer identifizi­erte er nicht, erklärte jedoch, eines sei in der Stadt Diwandarre mit einer Waffe getötet worden, die nicht von den iranische Sicherheit­skräften genutzt werde. Die zweite Leiche sei in der Stadt Saghes gefunden worden, wo die 22-Jährige am Samstag beerdigt worden war. Die dritte Tötung sei „komplett“verdächtig, erklärte er.

Amini war am vergangene­n Dienstag von der Sitten- und Religionsp­olizei wegen ihres „unislamisc­hen Outfits“festgenomm­en worden. Was genau danach geschah ist unklar, jedenfalls fiel Amini ins Koma und starb am Freitag in einem Krankenhau­s.

Auch in anderen Städten der Islamische­n Republik sowie Aminis Heimatprov­inz Kurdistan gingen etliche Menschen auf die Straße. An mehreren Orten riefen die Teilnehmer der Proteste: „Wir fürchten uns nicht, wir sind alle zusammen“– eine Parole, die vor allem während der Demonstrat­ionen nach der umstritten­en Präsidente­nwahl 2009 populär geworden war. Die Demonstran­ten richteten sich nicht nur gegen Raisi und die islamische­n Kleidungsv­orschrifte­n, sondern vereinzelt auch gegen die Politik des gesamten islamische­n Establishm­ents. Auf den Straßen waren etwa Rufe wie „Tod dem Diktator“zu hören. Nicht nur im Iran, auch über die Landesgren­zen hinaus löste Aminis Schicksal große Anteilnahm­e und Bestürzung aus. So forderte ein Sprecher des EU-Außenbeauf­tragten Josep Borrell, die Verantwort­lichen für ihren Tod müssten zur Rechenscha­ft gezogen und die

Grundrecht­e aller Menschen im Iran geschützt werden – auch die von Häftlingen.

Im Internet trauerten viele Iraner um die junge Frau, die am Dienstag während eines Familienbe­suchs in Teheran festgenomm­en und auf eine Polizeiwac­he gebracht worden war. Nach Polizeiang­aben fiel sie dort wegen Herzversag­ens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma. Am Freitag wurde ihr Tod bestätigt.

Im Netz kursierte jedoch auch eine andere Version. Nach der Verhaftung sei ihr Kopf im Polizeiaut­o gegen die Scheibe geschlagen worden, was zu einer Hirnblutun­g geführt habe. Die

Polizei wies diese Darstellun­g vehement zurück. Die Klinik, in der die 22-Jährige behandelt wurde, hatte nach ihrem Tod in einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschriebe­n, dass Amini bereits bei der Aufnahme im Krankenhau­s am Dienstag hirntot gewesen sei.

Die Polizei und auch die Regierung des erzkonserv­ativen Präsidente­n Ebrahim Raisi sind aufgrund des Todes der Frau und der landesweit­en Entrüstung in Erklärungs­not geraten. Zur Empörung über den Fall Amini kommt die seit Langem miserable Wirtschaft­slage hinzu, viele Menschen bekommen die Krise in ihrem Alltag hart zu spüren.

„Wir fürchten uns nicht, wir sind alle zusammen“Parole der Demonstran­ten

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