Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Aufarbeitung alter Einsätze nach tödlichen Schüssen
(dpa) Nach den tödlichen Schüssen auf einen 16-Jährigen in Dortmund werden Polizeieinsätze aus den vergangenen fünf Jahren untersucht. So sollen die Fälle, in denen Beamte geschossen haben, sowie Einsätze mit tödlichem Ausgang nach Zwangsmaßnahmen überprüft werden. Die zuständige Ausbildungsbehörde der Polizei (LAFP) soll daraus Schlüsse ziehen, ob die Aus- und Fortbildung der Beamten verändert werden muss. Das geht aus einem Bericht des Innenministeriums an den Landtag hervor.
In dem neuen Bericht an den Innenausschuss werden unter anderem „ergänzende Informationen“für Polizisten zum Umgang mit psychisch erkrankten Personen und Suizidgefährdeten angekündigt. So habe es in diesem Jahr bereits mehr als 10.000 Einsätze wegen Suizidversuchen gegeben.
Im Fall des getöteten Jugendlichen in Dortmund gibt es unterdessen neue Angaben zu seiner psychischen Verfassung. Laut einem vertraulichen Bericht des Gesundheitsministeriums hatte sich der 16-Jährige am Tag vor seinem Tod in einer Klinik von Selbstmordgedanken, die er vorher geäußert hatte, „klar“distanziert. Es habe keine Anzeichen für eine „Eigen- oder Fremdgefährdung“gegeben.
Der Flüchtling aus dem Senegal hatte sich in der Nacht zum 7. August gegen 0.30 Uhr bei einer Polizeiwache gemeldet und gesagt, er wolle sich eventuell etwas antun. Die Beamten ließen ihn mit dem Rettungswagen in eine Klinik für Jugendpsychiatrie bringen. Da der Jugendliche glaubwürdig gesagt habe, dass er doch keinen Suizid begehen wolle, habe es keine rechtlichen Voraussetzungen für eine zwangsweise Unterbringung gegeben.
Am Nachmittag des kommenden Tages – dem 8. August – wurde die Polizei zu einer Jugendhilfeeinrichtung in Dortmund gerufen, wo sich der Jugendliche ein Messer an den Bauch hielt. Nachdem der Einsatz von Pfefferspray und Tasern nicht wirkte und der Jugendliche mit dem Messer in der Hand auf die Polizisten zugekommen sein soll, schoss ein Beamter (29) mit seiner Maschinenpistole. Der 16-Jährige starb im Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.