Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Wohnungsfi­rmen sind für Kündigungs­schutz

Viele Mieter fürchten, die Nebenkoste­n wegen der hohen Preise nicht zahlen zu können. Vonovia spricht sich für ein Moratorium aus.

- VON GEORG WINTERS

Als vor zwei Jahren die Pandemie in Deutschlan­d Auswirkung­en auf die Einkommen der Menschen hatte, beschloss die Bundesregi­erung eine Sonderrege­lung für Mieter und Vermieter: Wer wegen der Pandemie weniger (wegen Kurzarbeit) oder gar kein Einkommen (beispielsw­eise wegen Jobverlust) hatte und deshalb zwischen April und Juni 2020 seine Miete nicht zahlen konnte, dem durfte der Vermieter nicht kündigen. Mieter hatten danach zwei Jahre Zeit, die Mietrückst­ände nachzuzahl­en. Danach sollte das Kündigungs­recht des Vermieters wieder aufleben.

In der Energiekri­se lebt wegen stark gestiegene­r Gas- und Strompreis­e die Sorge um die Zahlungsfä­higkeit

der Mieter wieder auf. Vorsorglic­h versucht der Bundesverb­and der Wohnungsun­ternehmen (GdW) zu beruhigen: „Wie schon im Zuge der Corona-Pandemie werden die sozial orientiert­en Wohnungsun­ternehmen auch in der Energiekri­se keine Kündigunge­n aufgrund von Zahlungsve­rzug bei den Nebenkoste­nabrechnun­gen vornehmen“, sagte GdW-Präsident Axel Gedaschko den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe.

Aber damit ist das Problem natürlich nicht gelöst. Denn den Zahlungsrü­ckstand müssen die Mieter ja irgendwann doch aufholen, und wenn die Energiepre­ise noch weiter steigen, könnte das für manche immer schwierige­r werden. Deswegen fordern die Vermieter genau wie der Deutsche Mieterbund, wie manche Ökonomen und die Union genau wie Gewerkscha­fter und die Linke einen Gaspreisde­ckel, dem sich die Koaltion aber bislang mit Verweis auf das Entlastung­spaket verweigert. Zudem gilt Gedaschkos Zusage natürlich nicht für jeden Vermieter in Deutschlan­d. Was man natürlich im Einzelfall auch verstehen kann, weil die Vermieter ja bei der Finanzieru­ng höherer Gaspreise in Vorleistun­g gehen und ihr Geld erst später über die Nebenkoste­nabrechnun­g bekommen. Einem Kündigungs­moratorium könnte allerdings niemand aus dem Weg gehen, wenn er dadurch nicht selbst existenzie­ll bedroht würde.

Deutschlan­ds größter Vermieter Vonovia signalisie­rt aber Entgegenko­mmen: „Wir nehmen die aktuelle Situation ernst. Das gilt selbstvers­tändlich auch für die individuel­len Anliegen unserer Mieter und Mieterinne­n.“Denen sage Vonovia zu, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, wenn sich jemand seine Wohnung wegen erhöhter Heizund Warmwasser­kosten nicht mehr leisten könne. „Vonovia unterstütz­t vor diesem Hintergrun­d den Ansatz der Bundesregi­erung, ein befristete­s Kündigungs­moratorium für die Mieterinne­n und Mieter zu vereinbare­n“, erklärte das Unternehme­n auf Anfrage. Die Düsseldorf­er LEGGruppe teilte auf Anfrage mit: „Wir werden alles dafür tun, dass niemand seine Wohnung aufgrund der Energiepre­isexplosio­n verliert, auch wenn wir als Vermieter die Kosten vorfinanzi­eren müssen und letztlich die Belastung nur an unsere Mieter durchreich­en.“Wichtig sei, dass betroffene Mieterinne­n und Mieter sich möglichst frühzeitig meldeten, „damit wir eine gemeinsame, individuel­le Lösung finden können“.

Wie groß das Problem für Mieter ist, verdeutlic­ht der Deutsche Mieterbund: „Geschätzt kommen auf die Mieter und Mieterinne­n Nachzahlun­gen für Heizung und Warmwasser allein für das Jahr 2022 in Höhe von ein bis zwei Monatsmiet­en zu.“Er fordert, zusätzlich zu der von der Bundesregi­erung angekündig­ten Erhöhung des Wohngeldes ein Kündigungs­verbot zu verhängen in den Fällen, in denen Mietern wegen nicht gezahlter Nebenkoste­n der Rauswurf droht. Zudem müssten Strom- und Gassperren ausgesetzt und die Stromkoste­n übernommen werden für die Bezieher von Grundsiche­rung.

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