Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Verfahren im Rathaus stößt auf Kritik
Bürgermeisterin Marion Lück schlägt das Sozialamt sowie die Feuerwehr und den Rettungsdienst ihrem Dezernat zu. Damit wird das Dezernat von Stefan Görnert kleiner und mit ihm der Einfluss des Ersten Beigeordneten.
Einer tanzte aus der Reihe: Während sich im Haupt- und Finanzausschuss zum Tagesordnungspunkt „Organisationsangelegenheit; Änderung der Dienstverteilung“niemand zu Wort meldete, stellte sich Dr. Bernhard Meiski auf die sprichwörtlichen Hinterbeine. Mit den Worten „Der Rat ist übergangen worden, das geht nicht – nach welchen Kriterien wurde das gemacht?“, sorgte der Christdemokrat, der beruflich als Rechtsanwalt tätig ist, für einen Eklat auf der vorberatenden Sitzung, dem weitere Diskussionen bei der entscheidenden Sitzung des Stadtrats am Montag, 26. September, folgen könnten. Der Grund: Per Verfügung vom 15. August hat Bürgermeisterin Marion Lück die Ämter für Brandschutz und Rettungsdienst sowie für Soziales und Inklusion sich unmittelbar unterstellt.
Damit „wandern“die beiden Fachämter aus dem Geschäftsbereich des Ersten Beigeordneten Stefan Görnert, dem im Wermelskirchener Rathaus das Dezernat II untersteht, in den Geschäftsbereich
der Bürgermeisterin (Dezernat I). Wie sich auf der jüngsten Sitzung des Hauptausschusses zeigte, nahm Bernhard Meiski nicht am Ergebnis dieser Entscheidung Anstoß, sondern am Verfahren. „Auf der einen Seite bestimmt der Rat die Geschäftsordnung, andererseits kann ein Bürgermeister Einzelangelegenheit selbst klären“, stellte Meiski sein Rechtsverständnis dar und verwies auf ein Urteil des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts, das die „Grenze“zwischen Geschäftsordnung zur Verwaltungsstruktur und Einzelangelegenheiten kläre. Für das Verfahren in Wermelskirchen sehe er einen dringenden Prüfungsbedarf und wolle Antworten haben.
Eine Diskussion dazu wollte Bürgermeisterin Marion Lück nicht aufkommen lassen. Im Ältestenrat sei besprochen worden, warum die Umstrukturierung innerhalb der Stadtverwaltung erfolge. „Wir haben das rechtlich prüfen lassen“, erläuterte Marion Lück und signalisierte mit den Worten „Hier und jetzt ist das eine Information“wenig Bereitschaft zu einer weiteren Vertiefung des Themas und unterband damit eine Diskussion.
In der vom Haupt- und Personalamt federführend erstellten Sitzungsvorlage begründet die Verwaltung die Änderung der Dienstverteilung mit den „besonderen Herausforderungen, die mit der Bewältigung aktueller Krisensituationen verbunden sind (Corona, Flüchtlinge, Energieversorgung)“. Weiter heißt es: „Ziel der vorgenommenen Änderung ist es, die Kommunikations- und Entscheidungswege zu verkürzen, um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung insbesondere in den für die Krisenbewältigung relevanten Aufgabenbereichen zu gewährleisten.“Die Organisationsmaßnahme sei in einer gutachterlichen Stellungnahme von der Kanzlei Redeker, Sellner, Dahs vorab geprüft und für zulässig befunden worden.
Auf Nachfrage unserer Redaktion betont die Stadtverwaltung: „Bereits die vergangenen zwei Jahre haben gezeigt, vor welchen Herausforderungen die Stadt bei unvorhergesehenen Krisen wie der Corona-Pandemie und auch der Hochwasser-Katastrophe steht. Um schnell agieren und Entscheidungen treffen zu können, sind verschiedene Stäbe für außergewöhnliche Ereignisse (SAE) von der Bürgermeisterin als Leiterin einberufen worden, um in kleinem Kreis zielführende
Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Der erste SAE wurde während der Pandemie einberufen, weiterhin gibt es den SAE-Ukrainekrise sowie seit Juli den SAE-Energiekrise.“In allen drei SAE sei sowohl das Amt für Brandschutz und Rettungsdienst sowie das Amt für Soziales und Inklusion dabei und schaffe notwendige Voraussetzungen für die Umsetzung von Maßnahmen. Letztlich bilde die Neuzuordnung der Ämter die Arbeitsorganisation der vergangenen zwölf Monate ab.
Die Neustrukturierung entspreche dem Wunsch der beiden Amtsleitungen, Tanja Dehnen (Sozialamt) und Holger Stubenrauch (Feuerwehr). „Es steht außer Frage, dass auch die Stadtverwaltung unter Fachkräftemangel leidet. Durch die Änderung der Dienstverteilung können wir gewährleisten, dass wir die anstehenden, großen Projekte umsetzen können und jeder Verantwortliche seine Stärken und Kompetenzen in den Bereichen einbringen kann, in denen sie besonders benötigt werden“, sagt Bürgermeisterin Marion Lück. „Und es ist im Interesse aller Beteiligten, dass die Abläufe reibungslos funktionieren.“