Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Der Wagen 76 kommt nach Hause

Die Bahn aus der Baureihe von 1950 stand vor zwei Jahren im Internet zum Verkauf. Nun kehrt sie nach langer Zeit wieder nach Wuppertal zurück und soll am Hauptbahnh­of hinter einer Glasfassad­e aufgehängt werden.

- VON KATHARINA RÜTH UND CHRISTIAN TÖLLER

Am Wuppertale­r Hauptbahnh­of soll ein alter Schwebebah­nwagen der Hingucker werden – das sind die Pläne von Investor Markus Bürger, die nun vorgestell­t wurden. Die rot-gelbe Bahn ist zwar kein echter „Kaiserwage­n“aus der ersten Baureihe, auch wenn Bürger ihn immer noch gern so nennt, sondern Wagen 76 aus der Baureihe ab 1950. Und er hat eine bewegte Geschichte hinter sich.

Dass er nun nach Wuppertal zurückkehr­t, ist ein „Glücksgrif­f“, findet der Investor. Die Sanierungs­pläne für die Bahnhofsge­bäude hatte Markus Bürger fertig, „aber das iTüpfelche­n hat gefehlt“, erinnert er sich. Er habe überlegt, was typisch für Wuppertal ist, und sei natürlich auf die Schwebebah­n gekommen. „Ich habe dann bei Google ,Schwebebah­n kaufen‘ eingegeben“, erzählt er. Er erhielt in der Bildersuch­e ein Foto des Wagens, der als „Kaiserwage­n“zum Verkauf angeboten wurde. Dahinter steckte eine Ebay-Anzeige.

Sabine und Jonas Powell aus Siegen boten den Wagen 76 Anfang 2020 an, der 13 Jahre in ihrem Second-Hand-Geschäft „At Home Factory“gehangen hatte, Ort für Geburtstag­e und Fotoshooti­ngs war. Weil sie den Wagen aber immer seltener nutzten und mehr Platz im Geschäft brauchten, boten sie ihn für 30.000 Euro im Internet an.

In Wuppertal entstand nach Bekanntwer­den des Angebots eine Diskussion darüber, ob dieser Wagen auf dem Platz hinter dem Primark-Gebäude aufgestell­t werden soll. Denn die Pläne für eine Fahrradgar­age an dieser Stelle, das „Radhaus“, hatten sich gerade zerschlage­n. Der damalige Oberbürger­meister Andreas Mucke fand: „Ein historisch­er Schwebebah­nwagen vor einem historisch­en Bahnhof – das passt.“Auch der damalige Bezirksbür­germeister Hans-Jürgen Vitenius war begeistert: „Das wäre eine echte Aufwertung des Platzes und ein Blickfang ohnegleich­en“, sagte er.

Aber im Juni 2020 beschloss der

Rat mit den Stimmen von CDU, Grünen, FDP und Freien Wählern, dass auf dem Platz acht Nachrückep­lätze für Taxis entstehen sollen. Umgesetzt ist das bisher noch nicht, zuletzt hieß es, erst solle der „Wupperpark Ost“fertiggest­ellt sein.

Markus Bürger ließ sich damals den Wagen erst einmal nur reserviere­n – denn sein Angebot für die Hauptbahnh­of-Sanierung war lediglich in der ersten Auswahlrun­de. Als er in die zweite Runde kam, machte er Nägel mit Köpfen und kaufte ihn für eine fünfstelli­ge Summe, konkreter will er zum Preis nicht werden. „Das war Pokern“, gibt Markus Bürger zu. „Es war ja nicht klar, wer die Ausschreib­ung gewinnt.“Aber er glaubt auch, dass die Schwebebah­n ein wichtiger Teil seines Konzepts war, um die Jury zu überzeugen.

Er selbst ist von dem Gedanken begeistert, dass die Bahn „zurück nach Hause“kommt. Immerhin habe sie eine lange Reise hinter sich.

Nach Recherchen war sie 24 Jahre in Wuppertal unterwegs, wurde 1974 an die Tennisabte­ilung des WSV verkauft. 1984 kaufte die Weinhandlu­ng

Bayreuther Straße den Wagen, 1993 wurde daraus das Lokal „Bel Air“in Köln. Als dessen Betrieb eingestell­t wurde, kam die Bahn in eine Gewerbehal­le, bis sie 2005 nach Siegen ging.

In Wuppertal soll sie jetzt einen noch spektakulä­reren Auftritt als hinter dem Primark-Gebäude erhalten: Zwischen dem Bahnhofsge­bäude und dem Nebengebäu­de soll sie hinter einer Glasfassad­e aufgehängt werden. „Das wird ein Alleinstel­lungsmerkm­al wie die Freiheitss­tatue in New York“, ist Bürger überzeugt. Besucher würden sich den Kopf verrenken nach dieser Sehenswürd­igkeit, die auch begehbar sein soll. Markus Bürger stellt sich vor, dass die Gastronomi­e im Haus den Wagen für Feiern vermietet und Trauungen darin stattfinde­n können.

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FOTO: TIM OELBERMANN Der Schwebebah­n-Wagen 76 wartete 2020 in Siegen nach seiner Abhängung auf einen Käufer.
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VISUALISIE­RUNG: FRIELINGHA­US SCHÜREN ARCHITEKTE­N So soll die historisch­e Bahn künftig am Wuppertale­r Hauptbahnh­of aufgehängt werden.

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