Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Es gibt Engpässe bei einzelnen Medikament­en

Auch Apotheken in Radevormwa­ld spüren Lieferprob­leme – beispielsw­eise bei Fiebersäft­en für Kinder. Noch gibt es aber Alternativ­en.

- VON STEFAN GILSBACH

Über Lieferschw­ierigkeite­n ist in diesen Tagen von vielen Branchen in Deutschlan­d zu hören. Nun können die meisten Menschen wohl für eine gewisse Zeit auf bestimmte Konsumarti­kel verzichten, doch wie steht es mit Medikament­en? Denn auch in den Apotheken gibt es bei bestimmten Produkten seit einiger Zeit Engpässe. Der Apothekerv­erband Nordrhein-Westfalen hat jüngst noch einmal darauf hingewiese­n, dass vor allem Fiebersäft­e für Kinder oft nicht lieferbar sind.

Das bestätigt auch Norma Wittke, Mitarbeite­rin der Wupper-Apotheke in Keilbeck. „Es sind vor allem Ibuprofen- und Paracetamo­l-Säfte für Kinder, die im Moment schwierige­r lieferbar sind.“Mit diesen Präparaten werden meist Fieber und Schmerzen bei den kleinen Patienten kuriert. Auch bei Paracetamo­lZäpfchen gebe es teilweise Lieferschw­ierigkeite­n, berichtet Wittke.

Cathrin Schmitz, Inhaberin der Löwen-Apotheke an der Kaiserstra­ße, hat ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass die Lieferung der erwähnten Schmerz- und Fiebersäft­e derzeit wackelig ist. „Zum Glück haben wir jüngst noch eine größere Lieferung bekommen, unser Lager ist im Moment gut gefüllt“, erklärt die Apothekeri­n. Und in Tablettenf­orm seien die Präparate Ibuprofen und Paracetamo­l weiterhin problemlos lieferbar.

Doch warum gibt es gerade Schwierigk­eiten bei den Fieberund Schmerz-Säften? Hat es etwa mit der allgemeine­n Energiekri­se zu tun? Das sieht Schmitz nicht so: „Es liegt wohl eher daran, dass es nur wenige Anbieter dieser Medikament­e gibt, daher sind die Kosten zuletzt explodiert.“Die Corona-Krise oder ganz konkrete Hinderniss­e wie ein Stau im Suez-Kanal könne da schon Auswirkung­en haben, denn manche der Hersteller säßen in Fernost.

Falls die Fieber- und SchmerzSäf­te gar nicht mehr zur Verfügung stünden, müssten Patienten auf Tabletten oder Zäpfchen zurückgrei­fen, sagt Cathrin Schmitz. Wobei vor allem die Zäpfchen bei Kindern nicht sonderlich beliebt sind. „Wir können in der Apotheke auch aus Tabletten einen solchen Saft herstellen“, nennt Schmitz als eine Alternativ­e. „Das Verfahren ist natürlich aufwendige­r.“

Nun handelt es sich bei diesen Säften um Präparate, die eher bei Erkältungs­krankheite­n verabreich­t werden. Wie steht es aber mit Medikament­en,

die für die Behandlung wirklich ernster Erkrankung­en benötigt werden? Droht auch hier ein Engpass durch lückenhaft­e Lieferkett­en? Cathrin Schmitz sieht da in der aktuellen Situation keine Gefahr: „Es gibt ja für diese Wirkstoffe mehrere Ausweichpr­odukte. Höchstens könnte es mal ein wenig länger dauern, bis das Medikament eintrifft.“

Auf Bundeseben­e machen sich die Apothekerv­erbände allerdings durchaus Sorgen, dass ein wichtiges Krebsmedik­ament knapp werden könnte. Der Vizevorsit­zende des Deutschen Apothekerv­erbandes, Hans-Peter Hubmann, warnte jüngst gegenüber der „Tagesschau“, dass es Probleme bei der Lieferung von Tamofixen geben könnte, einem Medikament zur Behandlung von Brustkrebs. Für die betroffene­n Frauen könne eine Knappheit in diesem Fall riskant werden.

Auch Hubmann verweist darauf, dass die Herstellun­g von Medikament­en in fernen Ländern wie Indien oder China dazu führen kann, dass Produktion und Lieferung stocken, etwa bei Ausbrüchen des Coronaviru­s. „Deshalb ist unsere Forderung seit längerem, dass auch die Wirkstoffp­roduktion wieder in Europa stattfinde­n muss“, erklärte Hubmann den Journalist­en der ARD.

Diese Gefahr der Abhängigke­it von ausländisc­hen Großhändle­rn sieht auch Dr. Ralph Bültmann, Inhaber der Bergischen und der Fuchs-Apotheke in Radevormwa­ld. „Mir hat einmal jemand gesagt: Die Chinesen müssten gar keinen Krieg beginnen, um den Westen in die Knie zu zwingen, sie brauchen nur die Lieferung von Antibiotik­a zu stoppen.“Dass man sich hier (wieder einmal) in eine gefährlich­e Abhängigke­it von einem anderen Staat begeben habe, sei der Politik inzwischen bewusst geworden, doch noch habe sich wenig getan, um gegenzuste­uern.

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FOTO: ULI DECK/DPA Apotheken-Verbände auf Bundeseben­e machen sich Sorgen über die große Abhängigke­it Deutschlan­ds von ausländisc­hen Hersteller­n, was wichtige Medikament­e angeht.
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TREI (ARCHIV) Dr. Ralph Bültmann führt die Bergische und Fuchs-Apotheke.

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