Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Nasenspray als Corona-Impfung in China und Indien

Die beiden Länder haben entspreche­nde Mittel zugelassen. Die Hersteller müssen allerdings noch Studienerg­ebnisse vorlegen.

- VON REGINA HARTLEB

Gute Nachrichte­n aus der Corona-Forschung: China und Indien haben erstmals Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen, die direkt auf den Schleimhäu­ten angewendet werden. Hierüber berichtet das Magazin „Nature“. In Europa sind bisher nur Impfstoffe zugelassen, die in den Muskel gespritzt werden müssen.

Chinas Hersteller Cansino Biologics nutzt laut „Nature“im Prinzip seinen bisher per Spritze verabreich­ten Impfstoff. Dieser wurde so modifizier­t, dass er mit einem Vernebler in ein Aerosol umgewandel­t und somit inhaliert werden kann. Das neuartige Nasenspray-Vakzin mit dem Namen Convidecia Air ist als Notfallmit­tel für die CoronaAuff­rischungsi­mpfungen gedacht. Es kann durch die Nase oder den Mund aufgenomme­n werden.

Der Impfstoff des indischen Hersteller­s

Bharat Biotech wird als Nasentropf­en auf den Schleimhäu­ten angewendet und soll laut indischem Gesundheit­sministeri­um als Basisimmun­isierung genutzt werden.

Das Prinzip beider Vakzine ist gleich: Der chinesisch­e Impfstoff nutzt ein Adenovirus Typ-5 als Transportm­ittel (Vektor) für ein Stück Erbinforma­tion des Coronaviru­s. Atmen Patienten diesen Impfstoff ein, soll er eine Immunreakt­ion der Schleimhäu­te gegen Corona auslösen. Indiens Impfstoff BBV154 nutzt dafür ein gentechnis­ch veränderte­s Schimpanse­n-Adenovirus. Adenoviren sind als Vektoren zum Beispiel auch in den Corona-Impfstoffe­n von Astrazenec­a und Janssen enthalten. Die Hoffnung, die hinter dieser Art von Impfstoffe­n steckt, liegt auf der Hand: Durch die direkte Anwendung auf den Schleimhäu­ten im Nasen-Rachenraum könnten sie die Vermehrung der Viren und damit weitere Ansteckung­en effektiv verhindern. Eine solche sterile Immunität ist das angestrebt­e Idealziel eines jeden Impfstoffe­s.

Ein Bericht im Fachmagazi­n „The Lancet“stimmt hoffnungsv­oll. Nach einer darin veröffentl­ichten

Studie konnte die Anwendung des chinesisch­en Impfstoffs als Inhalat die Immunreakt­ion der Geimpften im Vergleich mit einer Spritze erheblich steigern. Es seien etwa zehn Mal höhere Titer neutralisi­erender Antikörper

festgestel­lt worden als bei der intramusku­lären Verabreich­ung.

Allerdings: Beide Hersteller haben bisher die Ergebnisse ihrer klinischen Phase-3-Studien noch nicht veröffentl­icht, kündigten dies aber an. Ob und inwieweit diese neuen Sprays tatsächlic­h eine Ansteckung dauerhaft verhindern können ist also bisher nicht sicher.

Dennoch setzen Experten große Hoffnungen in diese neuen Impfstoff-Varianten: Virologe Leif-Erik Sander, Impfstofff­orscher an der Berliner Charité, twitterte dazu: „Ich halte das für absolut vielverspr­echend.“Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach sprach von einem „wichtigen Schritt“.

Auch in Deutschlan­d arbeiten Forscherin­nen und Forscher bereits an der Entwicklun­g von Nasenspray­s gegen Covid-19. Es laufen aktuelle Studienpro­jekte etwa in Tübingen, Dresden und an der Kölner Universitä­tsklinik.

 ?? FOTO: KLOSE/DPA* ?? Ein Corona-Impfstoff könnte möglicherw­eise auch in Deutschlan­d bald wie ein normales Nasenspray verabreich­t werden.
FOTO: KLOSE/DPA* Ein Corona-Impfstoff könnte möglicherw­eise auch in Deutschlan­d bald wie ein normales Nasenspray verabreich­t werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany