Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Scharfe Kritik und erhöhte Einsatzbereitschaft
Der russische Präsident nutze das nukleare Element als Teil seines Terror-Arsenals, sagt ein Sprecher der EU-Kommission. Das sei nicht hinnehmbar.
Mit scharfer Kritik und einem Bekenntnis zur Ukraine haben Nato und EU auf die Ankündigungen Russlands reagiert, eine Teilmobilmachung zu verfügen, den Anschluss eroberter ukrainischer Regionen mit „Referenden“vorzubereiten und indirekt den Einsatz von Atomwaffen ins Spiel zu bringen. „Diese Schritte sind auf das Schärfste zu verurteilen“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europa-Parlament, David McAllister, unserer Redaktion. Für die EU und die Bündnispartner sei die „größtmögliche Unterstützung der Ukraine“aufrechtzuerhalten, um Unabhängigkeit, territoriale Integrität und Souveränität des Landes zu wahren. „Es gibt keine Sicherheit Europas
ohne die Sicherheit der Ukraine“, unterstrich der CDU-Politiker.
Bereits am Dienstag hatte sich der Allgemeine Rat der EU mit der Frage weiterer Sanktionen beschäftigt. Dabei war es dem Vernehmen nach zunächst darum gegangen, wie bei den vorangegangenen Sanktionen entstandene Schlupflöcher geschlossen werden könnten. Aus Diplomatenkreisen war zu hören, dass die neuerliche Eskalation durch den russischen Präsidenten nicht ohne Antwort bleiben werde.
Die von Putin verkündete Teilmobilisierung sei ein Versuch, den Krieg, den Russland gegen die Ukraine begonnen habe, weiter zu eskalieren, erklärte der tschechische Regierungschef und EU-Ratsvorsitzende Petr Fiala. Damit gebe es einen weiteren Beweis, „dass Russland der alleinige Aggressor ist“, stellte Fiala fest. Für den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte sind Mobilisierung und Aufruf zu „Referenden“ein „Zeichen von Panik“. Seine Rhetorik über Atomwaffen „haben wir schon oft gehört, und sie lässt uns kalt“, betonte Rutte. Er würde „dazu raten, ruhig zu bleiben“.
Der litauische Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas wies jedoch darauf hin, dass die Mobilmachung auch die unmittelbare Nachbarschaft seines Landes betreffe, etwa die Region Kaliningrad. Litauen könne „nicht einfach zusehen“und habe deshalb die Einsatzbereitschaft seiner schnellen Eingreiftruppe erhöht. Damit wolle man darauf vorbereitet sein, „jegliche Provokation von russischer Seite zu verhindern“. Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis erinnerte daran, dass 1940 ein illegitimes russisches Referendum sein Land in Jahrzehnte des Terrors, der Unterwerfung und der Armut gezwungen habe. Das sei alles, was er über illegitime russische Referenden sagen werde.
Am Rande der UN-Vollversammlung in New York rief Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg dazu auf, die „eklatante Verletzung des Völkerrechts“durch Scheinreferenden zu verurteilen und die Unterstützung der Ukraine zu verstärken. „Scheinreferenden haben keine Legitimität und ändern nichts an der Natur von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine“, sagte Stoltenberg. Es handele sich um eine weitere Eskalation in Putins Krieg. Dessen Rede habe gezeigt, dass nichts nach Plan laufe und er einen schweren strategischen Fehler gemacht habe.
Ein Sprecher der EU-Kommission stellte klar, dass die von der Regierung in Moskau unterstützten „falschen, illegalen Referenden“in den besetzten Regionen der Ukraine nicht anerkannt würden. Die EUKommission warf dem Kreml zugleich vor, ein „nukleares Spiel“zu betreiben. Es sei nicht hinnehmbar, dass Putin ein nukleares Element als Teil seines Terror-Arsenals nutze. Die internationale Gemeinschaft müsse Druck auf ihn ausüben, damit er „dieses rücksichtslose Verhalten einstellt“, erklärte ein Sprecher.
Der Außenminister Lettlands, Edgar Rinkevics, verbreitete via Kurznachrichtendienst Twitter, dass sein Land Russen, die vor der Teilmobilmachung fliehen wollten, keine Zuflucht gewähren werde. Er begründete diese Entscheidung mit „Sicherheitsbedenken“.
„Es gibt keine Sicherheit Europas ohne die Sicherheit der Ukraine“David McAllister Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europa-Parlament