Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ermittlungen gegen sieben Mastbetriebe
Jetzt veröffentlichte Videos zeigen schwer verletzte Schweine in Ställen. Die Aufnahmen sollen aus Firmen in NRW und Niedersachsen stammen, allesamt Zulieferer für die Unternehmensgruppe Westfleisch.
(dpa) Schweine mit blutenden Wunden, Abszessen, Entzündungen an Augen und Beinen, auch einige tote oder sogar verwesende Tiere im Stall: Schockierende Aufnahmen aus Schweinemastbetrieben von kranken und schwer verletzten Tieren haben staatsanwaltschaftliche Ermittlungen und Appelle an die Politik ausgelöst. Das Bildmaterial veröffentlichte das Deutsche Tierschutzbüro am Mittwoch und prangerte drastische Missstände in Mastbetrieben an. Die Aufnahmen sollen aus sechs Betrieben in Nordrhein-Westfalen stammen – im Münsterland und in Ostwestfalen – und in einem Fall aus einem Unternehmen aus Niedersachsen.
Allesamt seien sie Zulieferer von Westfleisch, einem der deutschlandweit größten Schweineschlachter mit mehreren Millionen Schlachttieren pro Jahr und einem Milliarden-Umsatz. Der Deutsche Tierschutzbund appellierte angesichts der Bilder an Politik und Gesetzgeber: „Fehlende Kontrollmechanismen durch Veterinärbehörden, behandelnde Tierärzte, Transportunternehmen, Schlachthöfe und letztendlich den Lebensmitteleinzelhandel lassen diese unsäglichen Qualen zu.“In der Vergangenheit hatten Tierschützer immer wieder auf unzumutbare Zustände hingewiesen und Behörden und Ermittler auf den Plan gerufen. Im aktuellen Fall ermittelt die Staatsanwaltschaft Münster wegen möglicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz gegen drei Schweinemastbetriebe. Ausgangspunkt seien Anzeigen des Deutschen Tierschutzbüros, sagte Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt am Mittwoch. Den Anzeigen seien USB-Sticks mit Fotos beigefügt, die aktuell geprüft würden.
Bei der Staatsanwaltschaft in Detmold hieß es, Anfang Juli sei Videomaterial eingegangen, das Tiere mit „nicht oder nicht sachgerecht behandelten Verletzungen“zeige. „Nach Sichtung des Videomaterials ergab sich ein Anfangsverdacht wegen eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz“, schilderte ein Sprecher mit Blick auf einen Betrieb. In zwei weiteren Fällen soll die Staatsanwaltschaft in Paderborn Untersuchungen führen.
Die Unternehmensgruppe Westfleisch kündigte mehrere Maßnahmen an. Man nehme die Vorwürfe gegen die einzelnen Tierhalter sehr ernst und gehe ihnen „mit aller Entschiedenheit“nach, betonte Westfleisch auf Anfrage. „Bis zur endgültigen Klärung aller Vorwürfe behalten wir uns sanktionierende Maßnahmen bis hin zur Kündigung der Lieferverträge vor.“Das Wohlergehen der gehaltenen Tiere stehe an erster Stelle.
Das Unternehmen in Münster will nun jeden betroffenen Betrieb überprüfen. Kurzfristig sollten zudem alle Lieferbetriebe besichtigt und die Zustände dort dokumentiert werden – auch, um „die generell hervorragende Arbeit unserer über 3000 Vertragspartner nicht in Misskredit“geraten zu lassen. Westfleisch werde außerdem sein Kontrollnetz erweitern. Transportund schlachtunfähige Tiere würden grundsätzlich nicht zur Schlachtung angenommen.
Manche der Mastbetriebe sollen dem Tierschutzbüro zufolge EU-Fördergelder in sechsstelliger Höhe erhalten haben, wie Jan Peifer, der Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbüros, berichtete. Der gemeinnützige Verein will nach eigenen Angaben vor allem mit Bildund Filmmaterial auf Missstände in der Massentierhaltung aufmerksam machen. Die Bilder seien ihm in den vergangenen Monaten zugespielt worden.