Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Die kurze Geschichte vom „Wolf im Schafspelz“

Fünf Jahre nach Fortums feindliche­m Übernahmea­ngebot für den Versorger kauft der Bund die Finnen raus. Sie fassten nie Fuß.

- VON ANTJE HÖNING

Der 20. September 2017 ist beim Versorger Uniper ein schwarzer Tag: Damals machte er ein feindliche­s Übernahmea­ngebot des finnischen Konzerns Fortum öffentlich. „Dieser Vorstoß kommt unaufgefor­dert und entspricht nicht unserer Strategie“, sagte Unipers damaliger Vorstandsc­hef Klaus Schäfer. Fünf Jahre und viele Beziehungs­krisen später wird Fortum vom deutschen Staat rausgekauf­t und muss sich zu Hause für einen der schlechtes­ten Deals seiner Geschichte verantwort­en. „Die Verstaatli­chung ist der tragische Schlusspun­kt einer schon seit Jahren unglücklic­hen Entwicklun­g, die mit dem Verkauf des Eon-Anteils an Fortum begonnen hatte“, sagt Thomas Hechtfisch­er von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz.

Dabei hatte alles gut begonnen. Eon spaltete 2016 seine Gasund Kohlekraft­werke, die schwedisch­e Wasser- und Atomkraft in die neue Firma ab. Der Name Uniper, erfunden von einem Mitarbeite­r, leitet sich ab von „unique performanc­e“– einzigarti­ger Leistungsf­ähigkeit. Das war etwas übertriebe­n, zeigte aber Selbstbewu­sstsein. Eon hätte Uniper gerne seine deutschen Atommeiler mitgegeben, das aber verhindert­e der Bund aus Haftungsfr­agen. Im Herbst 2016 der Börsengang, Eon trennte sich von Anteilen.

Dann betrat Fortum die Bühne. Nachdem Uniper ein erstes Angebot abgelehnt hatte, verhandelt­en die Finnen hinter Unipers Rücken mit Eon weiter. Als das herauskam, nannte Klaus Schäfer Fortum einen „Wolf im Schafspelz“. Geschickt wehrte er sich gegen die Übernahme, ließ Anzeigen in Finnland schalten, um das Geschäft madig zu machen. Doch am Ende siegt Fortum und übernahm 78 Prozent. In der Belegschaf­t kam Fortum nie an. Nie sagte der Mutterkonz­ern, was er vorhatte. Sollte Uniper in Fortum aufgehen, die Zentrale zur Filiale degradiert werden? Dann kamen der Ukraine-Krieg und die Energiekri­se – und Fortum versuchte, an Uniper vorbei mit dem Bund zu verhandeln und seine Schäfchen ins Trockene zu holen. Nun die Verstaatli­chung: Für acht Milliarden Euro, die Fortum einst einsetzte, gibt es 480 Millionen Euro.

Auch die Aktionäre weinen den Finnen keine Träne nach: „Von Fortum dürfte nicht mehr zu holen gewesen sein“, so Hechtfisch­er: „An diesem ungewollte­n und unfreundli­chen Großaktion­är haben sich schon die ersten Uniper-Vorstände die Zähne ausgebisse­n – insbesonde­re der früh verstorben­e Klaus Schäfer.“

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