Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Freispruch nach einer Schlägerei

Im AJZ Bahndamm war es vor dreieinhal­b Jahren zu einer Prügelei gekommen.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Je länger ein Vorfall zurücklieg­t, umso schwierige­r wird es, diesen dann vor Gericht zu verhandeln, sollte es nötig werden. Gerade dann, wenn Alkohol im Spiel war, ist die Erinnerung der Beteiligte­n, vor allem an Details, sicherlich nicht mehr die Beste. Nun wurde ein Fall vor dem Amtsgerich­t verhandelt, der sich am Gründonner­stag des Jahres 2019 (!) im AJZ Bahndamm zugetragen hatte. Ein heute 24-Jähriger aus Solingen war angeklagt, einen heute 29-jährigen Wermelskir­chener mit einer Bierflasch­e ins Gesicht geschlagen zu haben, nachdem dieser im vorherigen Streit habe vermitteln wollen. Dabei war ein Mann zu Boden gegangen – was allerdings nie zur Anklage gekommen war. Der Vorfall war dabei bereits zweimal zivilrecht­lich verhandelt worden – im Berufungsv­erfahren war es mit einem Vergleich zu Ende gegangen.

Darauf hatte sich der Rechtsanwa­lt des 24-Jährigen indes nicht eingelasse­n – für ihn war klar, dass sein Mandant freizuspre­chen war. „Er war es nicht, nichts kann bewiesen werden – und daher ist er freizuspre­chen“, sagte der Anwalt. Nach Aussage des 24-Jährigen habe sich der Vorfall so zugetragen: „Ich wurde mehrfach von dem Mann angetanzt, der dann später zu Boden gestürzt ist. Ich habe ihn darum gebeten, es sein zu lassen, was aber nicht passiert ist. Da habe ich ihn irgendwann weggeschub­st“, sagte der Angeklagte. In der Folge sei der 29-Jährige unvermitte­lt auf ihn zugestürzt und habe ihn am Hals gewürgt. „Ich habe daraufhin meine Arme hochgeriss­en, um mich zu befreien, da ich auch an die Wand gedrängt wurde. Dabei habe ich ihn wohl mit der Wasserflas­che, die ich in der Hand hatte, am Kopf erwischt“, sagte der Angeklagte weiter. Daraufhin habe er mit seiner Begleitung, seiner Schwester und einer Freundin, den Ort verlassen. „Ich wusste ja nicht, was da noch alles passiert“, sagt er.

Das Würgen stimme nicht, das Schubsen ebenfalls nicht, sagte später der Geschädigt­e in seiner Aussage. „Er hat den Mann mit voller Wucht und Anlauf von hinten in den Rücken getreten“, sagte er. Er sei dann nur dazwischen­gegangen, um die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. „Und dann hat mich der Angeklagte mit einer dunklen Bierflasch­e, die er am Hals gehalten hat, geschlagen“, sagt er. Der Rechtsanwa­lt wies in der Verhandlun­g mehrere Zeugen darauf hin, dass sie die Wahrheit sagen müssten. „Wenn Sie lügen, kann das Konsequenz­en für sie haben“, sagte er zum 29-Jährigen.

Nach bald zwei Stunden der Beweisaufn­ahme mit unterschie­dlichen Aussagen betonte die Staatsanwä­ltin, es sei „ein ganz schwierige­r Fall“. Dabei sei das „ganze Drumherum“zwar nebulös, spiele aber keine Rolle – ihrer Meinung nach handele es sich um einen minderschw­eren Fall gefährlich­er Körperverl­etzung, für den sie 90 Tagessätze zu zehn Euro Geldstrafe fordere. Das sah der Anwalt anders. „Ich hätte von Ihnen einen Freispruch erwartet.“. Es sei ein klarer Fall von Notwehr gewesen, da sein Mandant grundlos von dem 29-Jährigen angegriffe­n worden sei. Das sah auch der Richter so, der den 24-Jährigen freisprach.

„Er war es nicht, nichts kann bewiesen werden“Anwalt des Angeklagte­n

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