Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Inflation trifft auch das Schul-Essen

Obwohl die Verpflegun­gskosten vielfach schon gestiegen sind, wird die Teuerung 2023 wohl deutlich spürbar – auch in den Kitas. Verbände fordern mehr Hilfen für Familien, die sich das womöglich nicht mehr leisten können.

- VON SINA ZEHRFELD

Familien müssen sich darauf einstellen, dass es bei der Verpflegun­g in Schulen und Kitas in diesem Jahr einen Preissprun­g geben wird. „Die Grundpreis­e für Lebensmitt­el werden teurer, Energie wird teurer, der Mindestloh­n ist erhöht worden: Es gibt diverse Posten, die sich auswirken“, sagt Christin Hornbruch, Leiterin der Vernetzung­sstelle für Kita- und Schulverpf­legung NRW. Das mache sich bei den Mittagsang­eboten schon etwas bemerkbar. Man gehe jedoch davon aus, dass der eigentlich­e Anteil der Preissteig­erungen erst dieses Jahr spürbar werde.

Nach der letzten verfügbare­n Erhebung kostet ein Mittagesse­n in der Schule etwa zwischen drei und 3,50 Euro, in der Kita 2,50 Euro. Diese Zahlen stammen jedoch aus dem Jahr 2019 und dürften schon lange nicht mehr stimmen, wobei die Unterschie­de der Preisentwi­cklung zwischen einzelnen Einrichtun­gen beträchtli­ch sein können. Die Landeselte­rnkonferen­z nennt beispielha­ft Entgelte zwischen immer noch drei Euro und 5,60 Euro an Schulen.

„Wir liegen vielfach bei über fünf Euro für eine Mahlzeit“, fasst der Vorsitzend­e Christian Beckmann zusammen. „Wenn es über sechs Euro springt, ist das ein K.o.-Kriterium für viele.“Die Elternkonf­erenz befürchte, dass künftig mehr Kinder mit knurrendem Magen im Unterricht sitzen. „Da geht die Bildungssc­here auseinande­r zwischen denen, die sich das Essen leisten können, und denen, die das nicht können.“

Beim Landeselte­rnbeirat der Kitas kommen bereits vermehrt Klagen an. Es sei nicht selten, dass das Essen schon 2022 plötzlich 20 Prozent mehr kostete. „Da reden wir von Verpflegun­gskosten jenseits von 100 oder 120 Euro pro Monat. Wenn man ein Kind in einer Einrichtun­g hat, geht das ja vielleicht noch“, sagt Daniela Heimann vom Landeselte­rnbeirat. Bei zweien oder dreien werde es aber schwierig. Die Kinder bekämen dann von zu Hause eine Brotdose mit, statt beim warmen Mittagstis­ch dabei zu sein. Der Beirat sieht auch das Land in der Pflicht, das Familien unterstütz­en solle, „damit die Kinder eine vernünftig­e Hauptmahlz­eit haben und nicht nur noch mit einer Stulle zurechtkom­men müssen“.

Die Tendenz der Kostenstei­gerungen in der Schul- und Kitaverpfl­egung seien nur in Teilen jetzt schon bemerkbar, ordnet das NRW-Schulminis­terium die Lage ein. Dass es nicht stärker der Fall sei, liege daran, dass von allen Seiten versucht werde, Spitzen abzufedern, manchmal springen Kommunen und Träger für einen Teil der Kosten ein, mancherort­s auch Fördervere­ine. Auch gebe es noch laufende Verträge mit Caterern. Deshalb folge die Preisentwi­cklung der allgemeine­n Inflation mit einer gewissen Verzögerun­g. Die Verpflegun­g falle in die Zuständigk­eit jeweiligen Träger, betont das Ministeriu­m. Aber man sei sich bewusst, dass die Situation Eltern vor Herausford­erungen stelle. Sowohl das Familienal­s auch das Schulminis­terium verweisen auf Hilfsprogr­amme, etwa den Härtefallf­onds „Alle Kinder essen mit“. Auch sei gesetzlich geregelt, dass für Mahlzeiten in Kitas nur „angemessen­e“Beträge genommen werden dürften.

Allerdings hat die schwarz-grüne Landesregi­erung das Ziel in ihren Koalitions­vertrag geschriebe­n, zumindest die Kita-Verpflegun­g ganz kostenfrei zu gestalten. Man prüfe „passgenaue Maßnahmen“, heißt es dazu: „Wir streben eine kostenfrei­e Verpflegun­g in Kitas an und werden

Eltern schrittwei­se einkommens­abhängig von Essensgeld­ern entlasten.“Einen Zeitplan nennt das Land dafür aber nicht. „Jedes Kind in NRW muss die Möglichkei­t haben, in der Kita ein gutes und gesundes Essen zu bekommen – und das darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, sagte Familienmi­nisterin Josefine Paul (Grüne) unserer Redaktion. „Wir sehen aktuell, wie belastend die Preisentwi­cklungen in allen Lebensbere­ichen besonders auch für Familien sind.“Man prüfe fortlaufen­d mögliche Entlastung­en.

Die Vernetzung­sstelle Kita- und Schulverpf­legung prognostiz­iert, dass in Zukunft viele Familien finanziell ins Schlingern geraten werden, die nach den heute noch geltenden Regelungen keinen Anspruch auf Unterstütz­ung haben. Die Regelwerke und Einkommens­grenzen müssten angepasst werden, sagt die Leiterin Christin Hornbruch: „Wir fordern, dass diese Hilfe niedrigsch­wellig, unbürokrat­isch, nicht stigmatisi­erend und wirklich für alle zur Verfügung stehen sollte.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany