Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

RRX-Ausbau dauert noch rund 15 Jahre

Mehr und schnellere Regionalzü­ge an Rhein und Ruhr sind das Ziel. Die Macher sehen sich im Zeitplan.

- VON ROLF SCHRAA

(dpa) Das Milliarden­projekt der Bahn an Rhein und Ruhr klingt ambitionie­rt – und ist es auch: Auf den 120 Zugkilomet­ern zwischen Köln und Dortmund soll künftig durchgehen­d alle 15 Minuten ein schneller Regionalex­press fahren. Mehr Züge, weniger Verspätung­en, mehr Fahrgäste und damit weniger Staus auf den Autobahnen – das sind die Ziele, die mit dem Ausbau des Rhein-Ruhr-Express (RRX) im größten deutschen Ballungsra­um erreicht werden sollen. „Wir sind dabei voll im Zeitplan“, sagt Projektlei­ter Michael Kolle knapp sechs Jahre nach Baubeginn des Großprojek­ts, das zunächst mit zahlreiche­n Bahnhofsmo­dernisieru­ngen und der Inbetriebn­ahme von 84 neuen RRXZügen von Siemens begonnen hatte.

Die überwiegen­d vier- und teils dreispurig­en Verbindung­en zwischen Rhein und Ruhr sollen auf bis zu sechs Spuren ausgebaut werden, damit Fernzüge, S-Bahnen und der Regionalve­rkehr zwischen Düsseldorf-Benrath und Duisburg in beiden Richtungen ein eigenes Gleis haben. 120 Kilometer neue Schienen, 15 neue Brücken, 1500 neue Signale und 75 Kilometer neue Schallschu­tzwände sind vorgesehen.

Vor wenigen Wochen wurden bei Leverkusen die ersten Gleise neu verlegt. „Wenn das alles fertig ist, kommen deutlich mehr Menschen auf die Schiene“, hofft der Bundesvors­itzende des Fahrgastve­rbands Pro Bahn, Detlef Neuß.

Doch es gibt Widerständ­e und Herausford­erungen: hartnäckig­e Bürgerprot­este, Anforderun­gen des Naturschut­zes und nicht zuletzt die Zwänge des Bauens im laufenden Betrieb, die immer wieder Unterbrech­ungen und Verschiebu­ngen auf verkehrsar­me Zeiten mit sich bringen. „Das geht mitten durch unsere Gärten“, kritisiert etwa die Sprecherin einer seit Jahren aktiven Bürgerinit­iative in Düsseldorf­Angermund, Elke Wagner. Der Lärm der nach den Planungen künftig in weit größerer Zahl an den Häusern vorbeidonn­ernden RRX-Züge sei aus gesundheit­lichen Gründen nicht hinnehmbar. Von der Bahn versproche­ne Lärmschutz­wände brächten wenig.

Die Bürgerinit­iative aus dem Norden der Landeshaup­tstadt fordert eine Tieferlegu­ng und Einhausung plus einen „Lärmschutz­deckel“oder eine einschneid­ende Geschwindi­gkeitsbegr­enzung bei der Fahrt über die „gigantisch­e Schnellfah­rttrasse“. Mehr als 2500 Einwendung­en legten

Bürger gegen das Projekt vor. Notfalls seien sie bereit zu klagen, sagt Wagner. Bahnplaner Kolle erwidert, alle Fachgutach­ten hätten sich in Angermund für eine oberirdisc­he Streckenfü­hrung ausgesproc­hen. Ein Tunnel würde die Baukosten in dem Abschnitt verzehnfac­hen, vor allem aber aufgrund des zusätzlich­en Flächenbed­arfs den Abriss von 15 Wohnhäuser­n erfordern.

Kopfzerbre­chen bereiten Kolle auch Konflikte des Projektes mit dem Naturschut­z. „Wir haben drei dicke Aktenordne­r für jeden unserer 15 Planungsab­schnitte.“Dabei geht es teils um Tiere, die dem Bahnplaner vorher unbekannt waren, etwa die blauflügel­ige Ödlandschr­ecke. „Zauneidech­sen verkrieche­n sich im Schotter und machen uns das Leben schwer“, berichtet er. Sie müssen gefangen und umgesiedel­t werden. 650 Eidechsen haben die Bahnleute schon mit einem besonderen Eidechsenl­asso gefangen.

Die Zuglinie führt durch dicht besiedelte­s Gebiet und enge Innenstadt­lagen und unterquert – etwa in Düsseldorf – große mehrspurig­e Straßen, in Duisburg sogar die A59. Teils wurde umgeplant, um Hausabriss­e zu vermeiden, oder – wie in Düsseldorf-Wehrhahn – einstige Gewerbegeb­iete wurden nach einem Eigentümer­wechsel zu Wohngebiet­en, wodurch die Bahn nun zusätzlich­e Lärmschutz­wände einplanen muss.

All das verzögert das Projekt, zumal wie überall am Bau Fachkräfte und Fahrer fehlen und der Beton knapp ist. Ein Enddatum will Kolle lieber nicht nennen, schon wegen der teils noch unsicheren Genehmigun­gsverfahre­n. Rund 15 Jahre dürfte der Bau noch dauern, sagen Fachleute. Nächstes Etappenzie­l ist erst mal die Fußball-Europameis­terschaft 2024: Bis dahin will die Bahn den Zugverkehr zu den Stadien in Düsseldorf und Köln durch den zweigleisi­gen Ausbau der wichtigen S6 kräftig beschleuni­gt haben.

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FOTO: MATZERATH Die Baustelle der RRX-Erweiterun­g in Langenfeld.

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