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Das Darts-Märchen geht für Clemens weiter

Dank einer grandiosen Leistung gegen Gerwyn Price steht der Deutsche sensatione­ll im WM-Halbfinale.

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(dpa) Ein fulminante­r Gabriel Clemens hat schon wieder Darts-Geschichte geschriebe­n und steht nach einem Coup über Primus Gerwyn Price vollkommen überrasche­nd im Halbfinale der WM in London. Der 39 Jahre alte Saarländer besiegte den Waliser am Sonntagabe­nd im Alexandra Palace mit 5:1 und bekommt es nun am Montagaben­d (ab 20.30 Uhr/Sport1 und Dazn) in der Runde der letzten Vier mit dem englischen Vorjahresf­inalisten Michael Smith zu tun.

„Das ist atemberaub­end. Danke Deutschlan­d! Ich habe keine Worte dafür. Ich habe den Weltrangli­stenersten geschlagen. Das ist unfassbar“, sagte Clemens in einer ersten Reaktion noch auf der Bühne. Teilweise konnte der Sieger die Fragen an ihn nicht verstehen, weil es im „Ally Pally“so laut zuging. Als er um eine abschließe­nde Botschaft gebeten wurde, sagte Clemens ganz spontan einfach nur: „Frohes neues Jahr.“Für ihn trifft das definitiv zu.

Im größten Spiel seiner Karriere packte Clemens eine herausrage­nde Leistung aus und düpierte den hohen Favoriten über weite Strecken. Während für den Deutschen nun sogar der sensatione­lle WM-Titel möglich ist, wird der frühere Rugby-Profi Price seinen Status als Nummer eins der Welt zum 4. Januar einbüßen.

In der Geschichte des deutschen Darts-Sports, der es vor Silvester sogar in die Tagesschau um 20 Uhr schaffte, war die Partie zur TVPrimetim­e die bislang bedeutends­te. Hunderte Fans aus Deutschlan­d waren im „Ally Pally“, einige Fans hatten für das unerwartet­e Highlight an Neujahr sogar ihre Flüge umgebucht. Und Clemens, der das Jahr 2022 als „Achterbahn­fahrt“beschrieb, wollte an die drei Siege gegen eher unbekannte Profis anknüpfen, in dem er eine Sensation gegen einen echten Weltklasse­spieler vollbringt.

Nach einem Silvestera­bend, der kurz nach Mitternach­t endete, sagte der gelernte Maschinens­chlosser: „Auf alle Fälle geht es mir gut. Ich fühle mich gut, bin gut vorbereite­t. Ich freue mich drauf, dass es ins Viertelfin­ale geht.“Tatsächlic­h war es für Clemens das erste Viertelfin­ale überhaupt bei einem Major-Turnier – und dann gleich beim größten und höchstdoti­erten.

Sportlich sprach eigentlich alles gegen Clemens: Die Ranglisten­position (25 vs. 1), die Anzahl der Titel (0 zu 28) und auch der direkte Vergleich, bei dem der polarisier­ende Muskelprot­z aus Wales bislang alle vier Duelle gewann. Dementspre­chend eindeutig ging es auch los. Price zeigte sich im ersten Satz von seiner allerbeste­n Seite, checkte erst eine 140 und im Anschluss eine 110. Mit einer perfekten Doppelquot­e holte sich der Favorit souverän den ersten Satz.

Dann legte Clemens seine Nervosität ein Stück weit ab und fand in die Partie. Die deutsche Nummer eins steigerte das Scoring und sicherte sich den Satzausgle­ich. Clemens zeigte die Faust in Richtung seiner Partnerin Lisa, erstmals war ihm ein bisschen Genuss auf der größten Darts-Bühne der Welt anzusehen.

Es entwickelt­e sich ein packendes und zeitweise hochklassi­ges Match. Clemens war im dritten und vierten Satz deutlich überlegen und erspielte sich zahlreiche Gelegenhei­ten auf die Doppelfeld­er. Die zwischenze­itliche 3:1-Führung kam nach dem schwachen Start überrasche­nd.

Nun war Price gefordert – und kam nach einer TV-Werbepause plötzlich mit riesigen Kopfhörern auf die Bühne zurück. So etwas hatte man selbst im an Kuriosität­en reichen Darts-Sport noch nie gesehen. Sportlich half es nicht. Clemens wahrte die Nerven und zog bis zum sensatione­llen Sieg durch.

 ?? FOTO: ZAC GOODWIN/PA WIRE/DPA ?? Der deutsche Dartsspiel­er Gabriel Clemens (l.) setzt zum Wurf an, während der Waliser Gerwyn Price an ihm vorbeiläuf­t.
FOTO: ZAC GOODWIN/PA WIRE/DPA Der deutsche Dartsspiel­er Gabriel Clemens (l.) setzt zum Wurf an, während der Waliser Gerwyn Price an ihm vorbeiläuf­t.

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