Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Viele Baustellen, viel Zuversicht
Im Interview blickt Bürgermeister Dietmar Persian auf das neue Jahr. Die Anforderungen an die Stadt und die Bürger sind groß.
Herr Persian, Sie haben Anfang 2022 das Jahr als „Jahr der Macher“auserkoren. Ist es das gewesen?
Im abgelaufenen Jahr haben wir in der Tat eine Menge geschafft – und zwar erfolgreich. Ich erinnere nur an die Löwen-Grundschule, an die Glasfaseranbindung in den Außenbereichen und allen Gewerbegebieten, die Digitalisierung in den Schulen und an die Erschließung des Baugebietes „Eschelsberg“. Dann kamen noch manche ungeplanten Dinge dazu, die wir auf die Schnelle erledigen mussten. Wir haben kurzfristig für aus der Ukraine oder anderen Ländern geflüchteten Menschen eine Unterkunft bzw. Wohnraum zur Verfügung gestellt. Alles das war nur möglich, weil wir in Hückeswagen an vielen Stellen hochmotivierte Leute haben.
2022 war auch das dritte Jahr der Pandemie. Welche Rolle wird Corona Ihrer Ansicht nach dieses Jahr noch spielen?
Die Wissenschaftler sagen uns, dass wir langsam von der Pandemie in eine Endemie kommen. Deshalb werden wohl spätestens im Frühjahr die staatlichen Vorschriften fallen. Dann ist noch mehr als bisher viel Eigenverantwortung aller Menschen gefragt.
Eine weitere „Baustelle“, allerdings anderer Art, ist das Bürgerbad. Können Sie den Hückeswagenern versichern, dass es auch weiterhin ein Hallenbad in der Stadt geben wird?
Ja, das Hallenbad macht uns große Sorgen. Wie genau der Weg ist, kann ich noch nicht sagen. Aber ich kann versichern, dass alle Verantwortlichen in Politik und Verwaltung dafür kämpfen werden, auch in Zukunft in Hückeswagen ein Hallenbad zu haben.
Wie geht es da jetzt weiter? Ursprünglich war vorgesehen, zum Jahresbeginn 2023 das Bad wieder zu eröffnen.
Wir haben vereinbart, eine Machbarkeitsstudie erstellen zu lassen. Die Gutachter arbeiten daran, ich rechne mit ersten Ergebnissen im ersten Quartal. Drei Varianten werden gegenübergestellt: eine Sanierung des Bürgerbades mit dem Ziel erheblicher Energieeinsparung, ein Neubau in etwa im gleichen Umfang wie jetzt und ein Neubau lediglich mit einem Schwimmbecken, um die Grundanforderungen an den Schulunterricht, Vereinsschwimmen etc. sicherzustellen.
Blicken wir auf andere Projekte für die Schloss-Stadt. Wie wird es in diesem Jahr mit dem Integrierten Stadtentwicklungsprojekt (ISEK)
weitergehen?
Beim ISEK treten wir jetzt aus der Planungsphase in die Umsetzung. Das gilt zum einen für die Unterstützung der privaten Eigentümer. Hier bereiten wir jetzt das Hof- und Fassadenprogramm vor und wollen auch einen sogenannten Stadtteilarchitekten beauftragen, die Eigentümer zu beraten. Im öffentlichen Bereich freuen wir uns über die Förderung der Wupperauen, werden aber in 2023 vor allem mit dem Umbau des Bahnhofsplatzes starten.
Wie weit sind die Planungen? Der Förderbescheid über etwa 2,6 Millionen Euro liegt ja seit August vor?
August wäre schön gewesen. Den Bewilligungsbescheid für unser ISEK und die Startmaßnahmen Bahnhofsplatz habe ich aber erst Ende Oktober von Regierungspräsident Dr. Wilk in Empfang nehmen dürfen. Wir sind gerade beim Feinschliff für die Planung und bereiten die Ausschreibung vor. Ich gehe davon aus, dass wir im Sommer mit den Arbeiten beginnen können.
Und wie sehen die Planungen für den Umbau des Schlosses aus?
Der A-Stempel der Regionale 2025 gilt zunächst für unser ISEK insgesamt, aber auch fürs Schloss ist er in greifbare Nähe gerückt. Wesentliche Voraussetzung ist, dass wir die Finanzierung dieses Projekts hinbekommen. Kurz vor Weihnachten haben wir einen Antrag auf europäische Fördermittel (EFRE) bei der Bezirksregierung eingereicht. Nun kommt es darauf an, dass wir damit erfolgreich sind und dann der noch verbleibende Eigenanteil für die Stadt verkraftbar bleibt. Da bin ich zuversichtlich.
Hückeswagen stehen in diesem und den kommenden Jahren Millionenausgaben bevor. Etwa für die ISEKProjekte, den Neubau des Feuerwehrhauses und die Sanierung der Montanus-Turnhalle. Viele Hückeswagener wissen nicht, wie die Stadt diese „Herkulesaufgabe“bewältigen kann. Können Sie Ihnen etwaige Ängste nehmen?
In der Tat haben wir viele Baustellen. Das ist finanziell ein Kraftakt, aber auch für die Beschäftigten in der Verwaltung, die sich jeweils damit befassen. Aber ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingt. Immerhin haben wir in den vergangenen Jahren gezeigt, was wir alles auf die Beine stellen können
Apropos: Haben Sie in der Verwaltung keine Angst, dass sich kurzum wieder eine große Baustelle auftut, weil – wie zuletzt die Mehrzweckhalle mit ihren Brandschutzproblemen – in einem städtischen Gebäude
größere Mängel auftauchen?
Unsere Infrastruktur ist in die Jahre gekommen, ohne Zweifel. Deshalb müssen wir konsequent weiter daran arbeiten, diese über die Jahre zu erneuern. Allein die Erhaltung der vorhandenen Infrastruktur insbesondere bei den Gebäuden und den Straßen ist eine gewaltige Aufgabe.
Wo wir beim Thema Sport sind: Die Kritik in der Stadt wird angesichts nur eines Sportplatzes und fehlender Hallenkapazitäten – was sich durch die Sanierung der Hauptschulhalle dramatisch zuspitzen wird – immer lauter. Sucht die nach Fördertöpfen? Vielleicht könnten so ein weiterer Sportplatz und eine neue Halle gebaut werden.
Dass wir dauernd auf der Suche nach Fördermöglichkeiten und dabei auch erfolgreich sind, dürfte klar sein. Fördergelder fließen auch in Infrastruktur für den Sport wie beim Sportplatzgebäude oder der Hauptschulturnhalle.
In Deutschland haben wir erheblichen Nachholbedarf bei der Sanierung vorhandener Infrastruktur in energetischer oder baulicher Hinsicht. Deshalb sind die Förderprogramme auch in erster Linie auf die Erhaltung vorhandener Infrastruktur ausgerichtet, nicht auf die Erweiterung. Deshalb werden wir einen neuen Sportplatz oder eine neue größere Turnhalle vermutlich selbst finanzieren müssen, sowohl was den Bau als auch was die dauernde Unterhaltung angeht.
Wo sehen Sie Hückeswagen bei der Digitalisierung?
Eine wesentliche Voraussetzung ist eine gute Breitbandanbindung. Da sind wir riesige Schritte vorangekommen, aber mit Sicherheit nicht am Ende. Ich bin aber guter Dinge, dass beispielsweise die BEW aufbauend auf der jetzt erstellten Infrastruktur weitere Bereiche in Hückeswagen ans Glasfasernetz anschließen wird. Auch die Schulen haben wir in den vorigen zwei Jahren auf den aktuellen Stand gebracht, dürfen da aber nicht nachlassen. Besser werden müssen wir unbedingt bei der Bereitstellung digitaler Dienstleistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger. Da sind wir in Deutschland generell nicht gut, weil wir durch unseren Förderalismus aber auch die kommunale Selbstverwaltung viel zu zersplittert in der Arbeit daran sind. Mein Ziel ist es, dass wir in 2023 für unsere Verwaltung deutliche Fortschritte machen.
In diesem Jahr soll es letztmalig einen defizitären Haushalt geben. Wird Hückeswagen es schaffen, 2024 wie angestrebt einen ausgeglichenen Haushalt zu bekommen?
Der Haushalt, den Kämmerin Isabel Bever und ich gerade in den Rat eingebracht haben, sieht in der Tat für 2024 und 2025 ausgeglichene Ergebnisse vor. Die Wirtschaft in Deutschland und auch bei uns in Hückeswagen zeigt sich robust, so dass ich das auch durchaus für