Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Veröffentl­icht von einer Vertrauten des Kremlchefs

- VON BETTINA GRACHTRUP UND ULF MAUDER

BERLIN (dpa) Die Veröffentl­ichung des Mitschnitt­s eines Gesprächs unter deutschen Offizieren über den theoretisc­hen Einsatz deutscher Taurus-Marschflug­körper durch die Ukraine hat internatio­nal hohe Wellen geschlagen. Fragen und Antworten im Überblick.

Was bezweckt Russland mit der Ver

öffentlich­ung? Russland will vor allem zeigen, dass Deutschlan­d – anders als von der Bundesregi­erung beteuert – längst Kriegspart­ei sei und tief in dem Konflikt stecke. Das Gespräch

belege die „Planungen von Kampfhandl­ungen gegen Russland, einschließ­lich der Zerstörung der zivilen Infrastruk­tur“, schimpfte die Sprecherin des russischen Außenminis­teriums, Maria Sacharowa. „Wir fordern von Deutschlan­d Erklärunge­n.“Öffentlich gemacht hatte den Mitschnitt Sacharowas einflussre­iche Freundin Margarita Simonjan. Die Chefredakt­eurin des russischen Propaganda­kanals RT kündigte zunächst am Freitagmor­gen den Mitschnitt als Sensation an, veröffentl­ichte dann Stunden später eine russische Textversio­n und schließlic­h die Audiodatei mit dem deutschen O-Ton im Netz. Simonjan gilt als Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin.

Warum will die Ukraine die Krim-Brü

cke zerstören? Die Bilder von einer Explosion im Herbst 2022 auf der Krim-Brücke und neuen Zerstörung­en im Sommer 2023 nach einem Angriff gingen um die Welt. Die Ukraine bekannte sich zu den Attacken und kündigte immer wieder an, die 19 Kilometer lange Brücke mit einem Abschnitt für Züge und einem für Autos zu zerstören, sobald es möglich sei. Die von Kiew geforderte­n Taurus gelten hier als entspreche­nd schlagkräf­tig. Allerdings wird in dem abgehörten Gespräch deutlich, dass ein einzelner Marschflug­körper dafür wohl nicht ausreichen würde. Kiew begründete seine Pläne damit, dass das Bauwerk wichtig ist für die Versorgung russischer Truppen bei der Invasion im Süden der Ukraine. Allerdings versorgt Russland seine Truppen verstärkt auch über die besetzten Gebiete in der Ostukraine.

Welche Bedeutung hat die Brücke für Russland – und welche Folge hät

te ihre Zerstörung? Für Kremlchef Wladimir Putin ist die Brücke ein Herzensobj­ekt. Das Milliarden­objekt steht für eine feste wirtschaft­liche Anbindung der Krim an Russland. Per Zug und Auto kommen Millionen

Touristen auf die Ferieninse­l. Der Güterverke­hr ist auch wichtig für die Versorgung der Menschen dort. Auch deshalb spricht Russland von ziviler Infrastruk­tur, deren Zerstörung aus Moskauer Sicht einem Kriegsverb­rechen gleichkäme. Russland hat bisher nach jedem Angriff auf die Krim-Brücke schwere Vergeltung­sschläge gegen die Ukraine geführt.

Was kann der Taurus? Der Marschflug­körper Taurus KEPD-350, von dem die Bundeswehr seit 2004 insgesamt 600 erhalten hat, fliegt Hunderte Kilometer weit und kann Bunker sowie andere gut gesicherte Anlagen wie Munitionsd­epots oder

Kommandopo­sten zerstören. Der fünf Meter lange Marschflug­körper wird von Kampfflugz­eugen aus gestartet und kann mit seinem Jetantrieb über 500 Kilometer weit fliegen. Taurus kann dabei feindliche­s Radar mit hoher Geschwindi­gkeit in weniger als 50 Meter Höhe unterflieg­en. Beim Aufschlag sprengt eine erste Ladung eine Lücke in die Wand oder Decke der Ziele. Durch diese dringt dann ein 400 Kilogramm schwerer und mit Sprengstof­f gefüllter Metallstab ein und explodiert. Mit ihrer großen Reichweite könnten die Marschflug­körper auch russisches Staatsgebi­et von der Ukraine aus erreichen.

(mit afp)

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