Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Was ist die reformierte Identität?
Mit der bevorstehenden Fusion ihrer Gemeinden wollen die Reformierten nicht gänzlich auf ihre Traditionen verzichten. Dazu gab’s nun einen Gemeindenachmittag mit dem Generalsekretär des Reformierten Bunds.
RADEVORMWALD In Zeiten, in denen die Ökumene großgeschrieben wird und der Glaube an denselben Gott durch alle großen Weltreligionen hinweg beschworen wird, scheint es für Außenstehende überflüssig zu sein, dass sich Mitglieder der reformierten Gemeinde in Radevormwald vor der anstehenden Fusion mit den beiden übrigen evangelischen Gemeinden in der Stadt Gedanken über ihre Identität machen. Was macht die Reformierten in Radevormwald aus? Was unterscheidet sie von den Glaubensgeschwistern der Lutherischen Gemeinde und jener aus Remlingrade-Dahlerau? Welche Tradition wollen die Reformierten in einer fusionierten Gemeinde einbringen? Worauf könnten sie verzichten? Um diese Frage zu erörtern, hatte die Gemeinde den Generalsekretär des Reformierten Bundes, Pfarrer Hannes Brüggemann-Hämmerling, eingeladen.
Der Pfarrer ordnete die Gedanken und Gefühle der Mitglieder ein, setzte sie in einen historischen Kontext und erarbeitete mit ihnen gemeinsam die Besonderheiten heraus. Denn nicht jede reformierte Gemeinde führe dieselben Traditionen fort, hat Brüggmann-Hämmerling festgestellt. Bei den Reformierten in Deutschland sei es beispielsweise üblich, dass der Pfarrer eher schlichte Gewänder beim Gottesdienst trage. Bunte Gewänder würden eher mit der katholischen Kirche in Verbindung
gebracht. In reformierten Gemeinden auf der Welt, gehörten dagegen farbenfrohen Roben dazu. Unterschieden werden könne zwischen ästhetischen Formen, wie etwa, dass reformierte Protestanten gänzlich auf Bilder in der Kirche verzichten würden, während andere Ströme kein Problem damit hätten – ähnlich den Katholiken – Bibelszenen darzustellen.
Doch was genau macht die Radevormwalder Reformierten aus? „Was können wir als Reformierte besonders in den Zusammenschluss einbringen?“, lautete eine der Fragen. In Gruppenarbeiten näherten sich die Teilnehmer diesen Fragestellungen und schrieben fleißig Stichpunkte auf. Der Generalsekretär sammelte die Kärtchen mit den Begriffen ein und pinnte sie an eine Wand.
Der Ablauf von Gottesdienst und Abendmahl sind zentrale Themen für die Gemeindemitglieder, stellte sich heraus. Bei den Lutheranern, hätten sie durch die gemeinsamen Gottesdienste bereits festgestellt, werden Oblaten statt Brot gereicht. „Mir persönlich ist es einfach näher, wenn man sich beim Abendmahl das Brot einander anreicht, sich also gegenseitig bedient, als dass der Pfarrer die Oblate verteilt“, sagte beispielsweise Presbyterin Gisela Busch. Eine andere Teilnehmerin äußerte: „Ich möchte beim Gottesdienst nicht ‚Christi, du Lamm Gottes‘ mitsingen.“Die Thematik der Sündenvergebung, erklärte der Generalsekretär, werde bei den Lutheranern anders verstanden als bei den Reformierten.
Auch das Amtsverständnis des Pfarrers, urteilte ein Teilnehmer, müsste geklärt werden. Ein Pfarrer könne keine Sünden vergeben: „Das ist für mich eine Grenzüberschreitung.“Außerdem elementar wichtig erschien den Teilnehmern, dass der Heidelberger Katechismus vermittelt werde. „Es ist schön, dass im Konfirmandenunterricht Wert darauf gelegt wird, dass die Kinder Freude am Glauben finden und das Vertrauen lernen. Aber für uns ist es eben auch wichtig, dass die Kinder inhaltlich etwas lernen“, äußerte Gisela Busch im Nachgang zum arbeitsreichen Nachmittag. Für sie
hatte die Auseinandersetzung viele neue Erkenntnisse gebracht.
Für die gemeinsamen Gottesdienste wünschten sich die Teilnehmer eine klare Struktur. Mit einem Gottesdienst nach reformierter Struktur, mit schlichtem Ablauf und einem entsprechenden Abendmahl, der nur einmal im Monat oder einmal alle zwei Monate stattfinde, könnten sich die Mitglieder arrangieren.
Wichtig ist ihnen, auch nach der Fusion nicht gänzlich ihre ureigenen Traditionen zu verlieren. „Wir wollen ja auch als fusionierte Gemeinde unsere Vielfalt behalten“, betonte Gisela Busch. Sie zeigte sich zuversichtlich, mit den ausgearbeiteten Punkten bei den Glaubensbrüdern und -schwestern der lutherischen Gemeinde sowie jener in Remlingrade-Dahlerau auf offene Ohren zu treffen.