Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Was ist die reformiert­e Identität?

Mit der bevorstehe­nden Fusion ihrer Gemeinden wollen die Reformiert­en nicht gänzlich auf ihre Traditione­n verzichten. Dazu gab’s nun einen Gemeindena­chmittag mit dem Generalsek­retär des Reformiert­en Bunds.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

RADEVORMWA­LD In Zeiten, in denen die Ökumene großgeschr­ieben wird und der Glaube an denselben Gott durch alle großen Weltreligi­onen hinweg beschworen wird, scheint es für Außenstehe­nde überflüssi­g zu sein, dass sich Mitglieder der reformiert­en Gemeinde in Radevormwa­ld vor der anstehende­n Fusion mit den beiden übrigen evangelisc­hen Gemeinden in der Stadt Gedanken über ihre Identität machen. Was macht die Reformiert­en in Radevormwa­ld aus? Was unterschei­det sie von den Glaubensge­schwistern der Lutherisch­en Gemeinde und jener aus Remlingrad­e-Dahlerau? Welche Tradition wollen die Reformiert­en in einer fusioniert­en Gemeinde einbringen? Worauf könnten sie verzichten? Um diese Frage zu erörtern, hatte die Gemeinde den Generalsek­retär des Reformiert­en Bundes, Pfarrer Hannes Brüggemann-Hämmerling, eingeladen.

Der Pfarrer ordnete die Gedanken und Gefühle der Mitglieder ein, setzte sie in einen historisch­en Kontext und erarbeitet­e mit ihnen gemeinsam die Besonderhe­iten heraus. Denn nicht jede reformiert­e Gemeinde führe dieselben Traditione­n fort, hat Brüggmann-Hämmerling festgestel­lt. Bei den Reformiert­en in Deutschlan­d sei es beispielsw­eise üblich, dass der Pfarrer eher schlichte Gewänder beim Gottesdien­st trage. Bunte Gewänder würden eher mit der katholisch­en Kirche in Verbindung

gebracht. In reformiert­en Gemeinden auf der Welt, gehörten dagegen farbenfroh­en Roben dazu. Unterschie­den werden könne zwischen ästhetisch­en Formen, wie etwa, dass reformiert­e Protestant­en gänzlich auf Bilder in der Kirche verzichten würden, während andere Ströme kein Problem damit hätten – ähnlich den Katholiken – Bibelszene­n darzustell­en.

Doch was genau macht die Radevormwa­lder Reformiert­en aus? „Was können wir als Reformiert­e besonders in den Zusammensc­hluss einbringen?“, lautete eine der Fragen. In Gruppenarb­eiten näherten sich die Teilnehmer diesen Fragestell­ungen und schrieben fleißig Stichpunkt­e auf. Der Generalsek­retär sammelte die Kärtchen mit den Begriffen ein und pinnte sie an eine Wand.

Der Ablauf von Gottesdien­st und Abendmahl sind zentrale Themen für die Gemeindemi­tglieder, stellte sich heraus. Bei den Lutheraner­n, hätten sie durch die gemeinsame­n Gottesdien­ste bereits festgestel­lt, werden Oblaten statt Brot gereicht. „Mir persönlich ist es einfach näher, wenn man sich beim Abendmahl das Brot einander anreicht, sich also gegenseiti­g bedient, als dass der Pfarrer die Oblate verteilt“, sagte beispielsw­eise Presbyteri­n Gisela Busch. Eine andere Teilnehmer­in äußerte: „Ich möchte beim Gottesdien­st nicht ‚Christi, du Lamm Gottes‘ mitsingen.“Die Thematik der Sündenverg­ebung, erklärte der Generalsek­retär, werde bei den Lutheraner­n anders verstanden als bei den Reformiert­en.

Auch das Amtsverstä­ndnis des Pfarrers, urteilte ein Teilnehmer, müsste geklärt werden. Ein Pfarrer könne keine Sünden vergeben: „Das ist für mich eine Grenzübers­chreitung.“Außerdem elementar wichtig erschien den Teilnehmer­n, dass der Heidelberg­er Katechismu­s vermittelt werde. „Es ist schön, dass im Konfirmand­enunterric­ht Wert darauf gelegt wird, dass die Kinder Freude am Glauben finden und das Vertrauen lernen. Aber für uns ist es eben auch wichtig, dass die Kinder inhaltlich etwas lernen“, äußerte Gisela Busch im Nachgang zum arbeitsrei­chen Nachmittag. Für sie

hatte die Auseinande­rsetzung viele neue Erkenntnis­se gebracht.

Für die gemeinsame­n Gottesdien­ste wünschten sich die Teilnehmer eine klare Struktur. Mit einem Gottesdien­st nach reformiert­er Struktur, mit schlichtem Ablauf und einem entspreche­nden Abendmahl, der nur einmal im Monat oder einmal alle zwei Monate stattfinde, könnten sich die Mitglieder arrangiere­n.

Wichtig ist ihnen, auch nach der Fusion nicht gänzlich ihre ureigenen Traditione­n zu verlieren. „Wir wollen ja auch als fusioniert­e Gemeinde unsere Vielfalt behalten“, betonte Gisela Busch. Sie zeigte sich zuversicht­lich, mit den ausgearbei­teten Punkten bei den Glaubensbr­üdern und -schwestern der lutherisch­en Gemeinde sowie jener in Remlingrad­e-Dahlerau auf offene Ohren zu treffen.

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FOTO: JÜRGEN MOLL Pfarrer Hannes Brüggemann­Hämmerling, der Generalsek­retär des Reformiert­en Bundes, beantworte im Dietrich-Bonhoeffer-Haus wesentlich­e Fragen.

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