Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Konfirmand­enzeit wirkt bis heute nach

Mehr als 30 Jubelkonfi­rmanden erinnerten sich in der Kirche in Dhünn an ihre Einsegnung. Nach dem Festgottes­dienst gab es ein Mittagesse­n.

- VON THERESA DEMSKI

DHÜNN Palmsonnta­g 1954 in Dhünn. Pfarrer Finthammer hat den Talar übergezoge­n und das Beffchen geknöpft. In der Kirche warten die Jugendlich­en auf ihre Einsegnung. „Natürlich war das aufregend“, erzählt Wiltrud vom Stein 70 Jahre später. Kurz bevor es losgeht, kommt die junge Marga noch zum Pfarrer. Sie habe Röteln, erzählt das Mädchen betrübt. Ob sie trotzdem konfirmier­t werden könnte? „Heute oder nächste Woche alleine im Sonntagsgo­ttesdienst“, antwortet der Pfarrer. Marga glättet ihr neues Taftkleid und setzt sich schnell mit in die Reihen ihrer Schulkamer­adinnen. „Danach bin ich sofort nach Hause ins Bett gelaufen, während unten im Wohnzimmer alle gefeiert haben“, erzählt sie.

70 Jahre nach ihrer Konfirmati­on – erneut am Palmsonnta­g – sitzen Wiltrud vom Stein und Marga Courts wieder in der Kirchenban­k in Dhünn. Die evangelisc­he Kirchengem­einde und Pfarrer Albrecht Keller haben zur Jubelkonfi­rmation eingeladen – nach 50, 60, 70 und 75 Jahren. Mehr als 30 Jubilare sind zum Festgottes­dienst gekommen und habe ihre Angehörige­n mitgebrach­t. Viele von ihnen seien im Bergischen geblieben, erzählt Erhard Distel, der für die Gemeinde bei den Vorbereitu­ngen des Festes geholfen hat. Andere haben einen längeren Weg auf sich genommen, um das große Wiedersehe­n in Dhünn zu feiern. Nach dem Gottesdien­st stellen sich die Jubilare auf der Kirchentre­ppe zum Foto auf. „Wo hast du denn damals gestanden?“, fragt eine Dame eine andere. Die beiden lachen und erzählen dann vom Konfirmand­enfoto, das einst an gleicher Stelle entstanden ist.

In Hülsen haben Ehrenamtli­che bereits die Tische zum Mittagesse­n gedeckt. Kaffee und Suppe stehen bereit. Und schnell herrscht im Vereinshau­s ein heiteres Gemurmel. Auch Wiltrud vom Stein und Marga Courts schwelgen in alten Zeiten: „Wir hatten damals zweimal in der Woche Konfirmand­enunterric­ht“, erzählt Wiltrud vom Stein, „dienstags und freitags.“Die Mädchen seien zu Fuß von Halzenberg zur Kirche spaziert. „Ich habe bei dieser Gelegenhei­t immer die frischen Eier rumgebrach­t“, erzählt Marga Courts. Und manchmal gab es dafür von den Eltern zur Belohnung ein Rückfahrti­cket mit dem Bus. Viele Lieder und Gebete lernten die Mädchen damals auswendig, um am Sonntag vor der Konfirmati­on ihr Können vor der Gemeinde in der Prüfung zu zeigen. „Nun gehören unsere Herzen ganz dem Mann von Golgatha“, zitieren die beiden Frauen unisono den vertrauten Liedtext. „Gerade jetzt im Alter tut es gut, dass diese Texte noch so vertraut sind“, sagt Wiltrud vom Stein. Dann rezitieren die beiden

Frauen gleich noch die erste Frage aus dem Katechismu­s: „Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben? Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.“Sie lachen sich kurz an: Der Text sitzt.

Währenddes­sen hat ein paar Tische weiter Heinrich Wertz Platz genommen. „Für mich war das damals eine Pflichtübu­ng“, erzählt er von seiner Konfirmati­on. Das Auswendigl­ernen hätten viele der Jungs umgangen – vor allem im Winter. Dann lagen die Texte im Konfirmand­enunterric­ht gut versteckt in den Kappen der Jungs, wo bei Bedarf gespickt

werden konnte. Und ein schöner Nebeneffek­t wären die netten Mädels im Konfirmand­enunterric­ht gewesen. „Aber in meinem Leben wurde es dann plötzlich ernst und ich habe den Weg zu Jesus gefunden“, erzählt Wertz, „das habe ich nie bereut. Es ist genauso, wie wir heute Morgen im Gottesdien­st gehört haben.“

Dort hatte Pfarrer Albrecht Keller mit musikalisc­her Unterstütz­ung von Gudrun Mildner mit den Jubelkonfi­rmanden zurückgesc­haut – auf stürmische Zeiten, auf schmerzvol­le Erinnerung­en und Tage des Zweifels. Und er hatte den Blick auf Gott gelenkt, auf seine Treue über alle Jahre und Zeiten hinweg. „Es ist schön, wenn wir die Jubilare heute auch daran erinnern können: Der Glaube ist ein Haltegriff im Leben“, befand Keller – während in den Kirchenbän­ken viele Besucher wissend genickt hatten.

 ?? FOTO: THERESA DEMSKI ?? Gruppenfot­o vor der Kirche in Dhünn: Wo vor Jahrzehnte­n auch das Konfirmati­onsfotos entstanden war, stellten sich am Sonntag gemeinsam mit Pfarrer Keller auch die Jubelkonfi­rmanden auf.
FOTO: THERESA DEMSKI Gruppenfot­o vor der Kirche in Dhünn: Wo vor Jahrzehnte­n auch das Konfirmati­onsfotos entstanden war, stellten sich am Sonntag gemeinsam mit Pfarrer Keller auch die Jubelkonfi­rmanden auf.

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